Spitalkirche des Kantonsspitals Liestal. | © Christoph Schneider
Spitalkirche des Kantonsspitals Liestal. | © Christoph Schneider
29.06.2023 –

Da sein für die Kranken ist auch Gottesdienst

Spitalseelsorge reagiert auf den rückläufigen Besuch der Sonntagsgottesdienste

Die Besucherzahlen in den Sonntagsgottesdiensten der Spitäler nehmen ab. Noch hält die Spitalseelsorge in Basel-Stadt und Baselland dieses Angebot aufrecht, doch andere Formen der Seelsorge bei den Kranken gewinnen an Bedeutung.

Im Kantonsspital Olten ging am 30. Oktober 2022 die Reihe der regelmässigen Sonntagsgottesdienste nach 50 Jahren zu Ende. In der Kapelle des Spitals Dornach fand der letzte Gottesdienst am 21. Dezember 2019 statt, seither ist sie profaniert. In den vier Spitälern der kantonseigenen Solothurner Spitäler AG (soH) gibt es Sonntagsgottesdienste nur noch alle zwei Wochen in der Psychiatrischen Klinik in Solothurn (ausführlicher Bericht hier).

Auslöser für den Entscheid der Spitalseelsorge am Kantonsspital Olten war der rückläufige Besuch der Sonntagsgottesdienste. Für diesen nennt sie zwei Hauptgründe: Die gegenüber früher viel kürzere Dauer der Spitalaufenthalte und den generellen Rückgang des Gottesdienstbesuchs in der Gesellschaft.

Besucherzahlen gehen zurück

Das sind Megatrends, die die Spitalgottesdienste überall in Frage stellen. «Kirche heute» erkundigte sich bei den Spitalseelsorgeteams nach der aktuellen Situation in Basel-Stadt und Baselland. Das Ergebnis: In den grössten Spitälern beider Kantone werden zurzeit nach wie vor regelmässig Spitalgottesdienste gehalten (Zusammenstellung unten). Dies in der Regel abwechselnd von katholischen und reformierten Seelsorgenden und immer in ökumenischer Offenheit für alle.

An durchschnittlichen Besuchszahlen pro Gottesdienst werden genannt: Am Unispital Basel und am Claraspital bis zu 10 Personen, in den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel etwas mehr als 10, im Bruderholz 20 bis 30 Personen, im Kantonsspital Liestal 20 und in dessen psychiatrischen Kliniken jeweils 5 bis 10 Personen. Darin inbegriffen sind einzelne, die von aussen zu den Spitalgottesdiensten kommen.

Gründe für Beibehaltung

Nach Auskunft der Spitalseelsorgenden sind derzeit an keinem Standort in Basel-Stadt und Baselland Veränderungen des Gottesdienstangebots geplant. «Diesen Raum halten zu können, beurteilen wir im USB als wichtig», schreibt Kerstin Rödiger vom Unispital Basel. Dort wurde in der Coronazeit auch dann eine kleine Liturgie gehalten, als keine Patienten/innen kommen konnten.

Markus Tippmar vom Bruderholzspital findet, die Gottesdienste seien eine willkommene Abwechslung für die Patientinnen und Patienten im Haus und «so etwas wie eine geistige ‹Tankstelle›, die ihnen wieder Kraft, Ermutigung und Hoffnung gibt, die nächsten Schritte zu gehen oder auch schwere Situationen zu tragen, mit dem Wissen, dass sie darin nicht allein sind». Zudem öffneten die Gottesdienste manchmal eine Tür für Besuche unter der Woche im Haus.

Christoph Schneider vom Kantonsspital Liestal sagt, die Gottesdienste seien für die Besuchenden «eine positive und kraftspendende Erfahrung». Ganz generell ergänzt Schneider: «Die Gottesdienste sind ein Teil der Spitalseelsorge, die sich in den kommenden Jahren natürlich weiter verändern wird. Wir als Team und die Spitalseelsorge in der Schweiz insgesamt beobachten und begleiten diese Situation genau und möchten auf Veränderungen adäquat reagieren.»

Auf Freiwillige angewiesen

Alle Spitalseelsorgenden betonen, dass sie auf Freiwillige angewiesen sind, die die Patientinnen und Patienten an die Gottesdienste begleiten. Solche guten Seelen sind immer gesucht. Die RKK Basel-Stadt nennt sie poetisch «Sonntagsengel». In Olten nannten sie sich selbst mit einem Augenzwinkern «Bettenschieber».

Den veränderten Bedürfnissen versucht die Spitalseelsorge Rechnung zu tragen. Im Bruderholz können die Gottesdienste zum Mithören in die Zimmer übertragen werden. In Basel läuft ein schweizweites Pilotprojekt mit digitaler Spitalseelsorge: Mit einer App können Gebete, Gottesdienste und Gespräche digital abgerufen werden. In mehreren Spitälern ist ein Raum der Stille eingerichtet worden, der auf die heutige Vielfalt in der Bevölkerung eingehen möchte und offen für alle ist, unabhängig von Religion und Weltanschauung.

Gottesdienste sind nur ein Teil der Spitalseelsorge. Diese findet vor allem bei den Patientinnen und Patienten statt. Wichtig ist, dass die Spitalseelsorge ihren festen Platz im Behandlungskonzept der Spitäler hat, dass die Seelsorgenden im Spital präsent und dann abrufbar sind, wenn sie gebraucht werden. Wichtiger werden situative Gottesdienste zu besonderen Anlässen oder spezielle Gedenkfeiern für Verstorbene.

Christian von Arx

 

Kapelle im Bruderholzspital. | © Markus Tippmar
Raum der Stille im Kantonsspital Bruderholz. | © Markus Tippmar
Kapelle im Universitätsspital Basel. | © Carsten Gross