Der Verein hat das Kloster seit seiner Gründung mit über 3 Millionen Franken unterstützt. Der Vorstand 2023 (v.l.n.r.): Pater Leonhard Sexauer, Hermann Flensberg, Hans Voegtli, Monika Hänggi, Brigitte Morel, Glenn Steiger, Gustav Ragettli, Anton Eggenschwiler, Lucas Sterbel. Es fehlen: Franziska Baumann, Jakub Vaclavek | © Matthias Schneider
Der Verein hat das Kloster seit seiner Gründung mit über 3 Millionen Franken unterstützt. Der Vorstand 2023 (v.l.n.r.): Pater Leonhard Sexauer, Hermann Flensberg, Hans Voegtli, Monika Hänggi, Brigitte Morel, Glenn Steiger, Gustav Ragettli, Anton Eggenschwiler, Lucas Sterbel. Es fehlen: Franziska Baumann, Jakub Vaclavek | © Matthias Schneider
04.04.2024 – Aktuell

Zwischen Bewahrung der Tradition und Öffnung nach aussen

50 Jahre Verein der Freunde des Klosters Mariastein

1974 aus den Bemühungen um die staatsrechtliche Wiederherstellung des Klosters Mariastein hervorgegangen, leistet der Verein seither einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung des Klosters in den verschiedensten Bereichen. Glenn Steiger, seit 2020 Präsident des Vereins, steht Frage und Antwort zu den Aufgaben des Vereins, der Motivation der Mitglieder und zur Rolle von Klöstern in unserer Gesellschaft allgemein.

 

Was sieht der Verein als seine Aufgaben an?

Glenn Steiger: Die Hauptaufgabe ist die Finanzierung von Projekten im und rund um das Kloster, also beispielsweise Sanierungen. Insgesamt, sprich, seit der Gründung, waren das über 3 Millionen Franken, die der Verein beigesteuert hat. Im Schnitt sind das 60 000 Franken pro Jahr, momentan sind es rund 120 000 im Jahr. Auch die Zeitschrift, früher «Mariastein» heute «Zeit Schrift Mariastein», ist ein wichtiges Projekt, das massgeblich vom Verein mitfinanziert wird. Sie stellt eine Art Vereinspublikationsorgan dar und ist gleichzeitig das Sprachrohr des Klosters. Für die Zukunft ist angedacht, dass ein Teil der Öffentlichkeitsanlässe, die bereits existieren, vom Verein im Patronat übernommen wird. Dabei sollen Veranstaltungen, die bisher einmalig stattgefunden haben, wie beispielsweise der Tag der Jugend, wiederkehrend eingeführt werden.

Intern können wir bei Diskussionen Denkanstösse von «vor den Klostermauern» einbringen, beispielweise bei der Entscheidungsfindung, wie man an Projekten arbeiten und Dinge vorwärtsbringen könnte. In solchen Situationen tragen wir einen frischen Blick hinein. Und wie gesagt hoffe ich, dass wir das Kloster in Zukunft bei einigen Aufgaben entlasten können. Wir haben unter den Mitgliedern viele Menschen mit Fachwissen in bestimmten Bereichen, die sich freiwillig einbringen. Im Vorstand haben wir zum Beispiel einen Architekten, der in der Infrastrukturgruppe mitarbeitet oder Historiker, die in der Redaktion der Zeitschrift oder am Buch über den Verein arbeiten.

 

Der Verein ist für Menschen aller Konfessionen offen. Wer engagiert sich bei Ihnen?

Die Mitglieder sind mehrheitlich katholisch, viele stammen aus dem Kanton Solothurn und der Region Basel. Einige Menschen hier haben noch immer eine starke Bindung zu Mariastein, denn es war und ist ein Ort, an dem die Menschen aus der Region einmal im Jahr zusammenkommen, es ist ein Anker für den Zusammenhalt des Kantons, auch im traditionellen Sinne. Neben den katholischen gibt auch einige reformierte Mitglieder. Was alle gemeinsam haben: Sie fühlen sich dem Ort auf irgendeine Art verbunden.

 

Was ist die Motivation Ihrer Mitglieder, sich für das Kloster einzusetzen?

Ich denke, das ist sehr divers. Einige sind regelmässige Kirchgänger, die das Kloster erhalten wollen und denen es wichtig ist, dazu ihren Beitrag zu leisten. Dann gibt es Menschen von weiter weg, die sich darüber freuen, mit Informationen über das Kloster versorgt zu werden. Darunter sind auch ältere Menschen, denen es vielleicht nicht mehr möglich ist, selbst zum Kloster zu kommen. Und es sind Leute dabei, die sich allgemein lokal engagieren.

 

Wie sind Sie selbst denn dazu gekommen und was bedeutet Ihr Engagement für das Kloster Mariastein persönlich für Sie?

Ich hatte irgendwann angefangen, mich politisch zu engagieren und dadurch bin ich zu meinem Engagement für Mariastein gekommen. Bei einem Podium in der ökumenischen Kirche in Flüh kam Mariano Tschuor, Projektleiter des Projekts «Mariastein 2025», auf mich zu, wir tauschten uns ein wenig aus und blieben in lockerem Kontakt, der dann mit der Zeit immer enger wurde. Auch einige der anderen Mitglieder sind gesellschaftlich sehr engagiert und waren präsent, sodass ich sie vom Sehen kannte. Ausserdem kenne ich einige der Mönche persönlich, da ich in Bättwil aufgewachsen bin.

Warum ich mich engagiere: Ich finde, Mariastein ist ein wichtiger Ort für meine Heimat. Ich mag ihn sehr und ich mag auch die Mönche persönlich, also da gibt es diese menschliche Ebene. Ausserdem finde ich es auch spannend, in das Klosterleben einzutauchen. Ich meine, wer kann schon diese Erfahrung machen und, wenn auch partiell, am Klosterleben teilhaben? Das ist sehr beeindruckend.

Auch der Blick in die Zukunft des Klosters ist ein Grund, warum ich mich engagiere. Man darf die Augen nicht verschliessen vor dem, was da auf uns zukommt und denken: «Das wird sich schon alles richten» und in 20 Jahren steht man da und es ist kein Geld mehr da, es ist niemand mehr hier. Und der Letzte schliesst die Tür? Es ist einfach so, dass immer weniger Menschen hierherkommen, vor allem immer weniger junge Menschen. Und vor diesem Hintergrund den Ort Mariastein zu bewahren, darum geht es mir.

 

Mit welchen Aktivitäten gewinnen Sie neue Mitglieder?

Wir möchten die Menschen ideell abholen und ihnen Programm bieten. Bei der letzten Generalversammlung haben wir mit den Teilnehmenden eine Tour durch den Klostergarten gemacht. Nach einer anderen Versammlung sind wir gemeinsam in die Klosterbibliothek gegangen. Ausserdem möchten wir zeigen, dass unsere Mitglieder ein Mitspracherecht haben, dass sie sich innerhalb des Vereins demokratisch äussern können. Sie können sagen: «Wir finden, das Geld sollte man für diesen und nicht für jenen Zweck verwenden» oder fragen: «Warum habt ihr dieses oder jenes nicht finanziert?» Das ist eine wertvolle Möglichkeit der Mitsprache, die es in Klöstern sonst nicht gibt. Unser Ziel ist es, die Mitgliederbasis zu erhalten oder vielleicht sogar auszubauen, um dann vermitteln zu können: Dafür steht Mariastein.

 

Was macht Klöster aus? Braucht es Klöster noch in der heutigen Zeit?

Hier gibt es eine Menge Angebote wie Schweigeseminare, Kurse zu biblischen Themen und so weiter. Mariastein ist darüber hinaus ein wichtiger Wallfahrts- und Pilgerort. Hier können Menschen erfahren: Der Glaube kann einen grossen Halt geben, er kann Menschen Orientierung geben. Ich habe den Eindruck, das ist etwas, was den Menschen heute oft fehlt. Hier kann ich geborgen sein und werde aufgefangen in schwierigen Lebenssituationen. Auch das fehlt vielen Menschen. Diese Themen sind sehr aktuell und sie werden auch nicht an Relevanz verlieren. Solange es Menschen gibt, wird es Fragen nach Halt, nach Gegenentwürfen, nach Orientierung, nach Werten, nach Glauben geben.

 

Was muss sich verändern, damit das Kloster Mariastein oder Klöster allgemein erhalten bleiben können?

Wenn es da ein Patentrezept gäbe und wir es kennen würden, dann würden wir es machen.

Ich glaube, die Tradition aufzugeben, kann nicht der Weg sein. Mariastein ist ein christlicher Ort. Es ist ein katholischer Ort. Hier sind die Benediktiner zuhause. Sobald man das beendet, verändert man die DNA, die ganze Struktur dieses Ortes. Ich glaube, was helfen kann, ist mehr zu vermitteln zwischen dieser Tradition und den Menschen und ihrer Lebenswelt. Man sollte versuchen, sich in die Menschen hineinzuversetzen und sich bewusst zu werden, dass die meisten nicht viel an «Wissen» über die Tradition und das Klosterleben haben. Wenn Menschen nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen, sollte man sie nicht ablehnen, sondern aufklären. Da muss man auf Messers Schneide gehen zwischen «Tradition bewahren» und «sich den Menschen öffnen und sie ansprechen». Ausserdem könnte man noch mehr den kulturellen, historischen, geschichtlichen Hintergrund und den Wert und die Wichtigkeit des Ortes für die ganze Region in den Vordergrund stellen und das auch vermitteln und öffentlich kommunizieren.

 

Das Interview führte Leonie Wollensack