25.08.2022 – Editorial

Zeitreisen

Im Verlaufe von drei Wochen im Bündnerland legte ich mit der Bahn, dem Bus und zu Fuss zwar einige Kilometer zurück, trat dabei aber in zeitlicher Hinsicht auf der Stelle. Durch Fahrpläne, Öffnungszeiten und die gebotene Konzentration bei anspruchsvollen Wegpassagen blieben wir fest mit der Gegenwart verbunden.

Auch die geologische Exkursion in Riom beginnt im Jetzt: ein paar Minuten Postautofahrt, dann das Ticket abholen und bezahlen. Nach einem Crashkurs über die Entstehung von Gestein und einer ersten Etappe im Gelände kommt dann der grosse Zeitsprung. Wir reisen 300 Millionen Jahre zurück, ins Zeitalter des Superkontinents Pangäa. Auf dem Rundgang nähern wir uns Schritt für Schritt der Gegenwart und gelangen so nicht nur zum örtlichen Ausgangspunkt zurück.

Unterwegs gibt es mehrere Aha-Erlebnisse. Wir lernen, dass nicht nur das Wasser, sondern auch die Gesteine einen Kreislauf absolvieren. Wir erfahren, wieso man auf luftiger Höhe am Piz Ela, am Tinzenhorn und am Piz Mitgel Spuren von Sauriern, die vor rund 200 Millionen Jahren gelebt haben, findet. Wir versuchen, uns in die zeitlichen Dimensionen geologischer Prozesse hineinzuversetzen.

Angesichts spektakulärer Ergebnisse wie etwa der Alpen ist es schwierig zu erfassen, dass es um Bewegungen im Millimeterbereich über eine sehr, sehr lange Zeit geht. Vor diesem Hintergrund erscheint das Tempo des durch menschliches Tun angeheizten Klimawandels umso krasser.

Regula Vogt-Kohler