20.01.2018 – Editorial

Vertrauen

So viele junge Menschen in den Kirchen! Das Europäische Jugendtreffen «Taizé Basel» hat Bilder ermöglicht, wie wir sie kaum mehr sehen in unseren Schweizer Pfarreien. Volle Kirchen, ältere Menschen umgeben von vielen jungen. Jugendliche, die sich in der freien Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr aus allen Ecken Europas nach Basel aufmachen und hier dreimal am Tag zum Gebet zusammenkommen. Und dabei ohne Weiteres für acht Minuten in völlige Stille versinken können.

Wer Gelegenheit hatte, an einzelnen Anlässen des Jugendtreffens in den Gastgemeinden oder an den Veranstaltungen in Basel dabei zu sein, konnte staunen. So oft wird die junge Generation in den Pfarreien vermisst. Und da hat sich plötzlich gezeigt: Es gibt sie also doch. So könnte kirchliches Leben auch sein.

Als Beobachter, sei es über Mittag in einer Basler Kirche, an einem Workshop oder abends in der grossen St.-Jakob-Arena, versuchte ich zu erahnen: Was sind das für junge Menschen? Wer ihnen auf Strassen und Plätzen begegnete, gewann den Eindruck: Es sind ganz normale Leute, weltoffen und kontaktfreudig. Sie tragen keine äusseren Erkennungszeichen, nichts von einer abgeschlossenen Gruppierung. Sie sind unterschiedlicher Herkunft, sprechen verschiedene Sprachen, verständigen sich untereinander meistens auf Englisch. Vieles wird sie individuell voneinander unterscheiden, auch die Ausformungen ihres Glaubens. Aber eine Gemeinsamkeit haben sie: Sie vertrauen sich.

Das verband sie mit ihren Gastgebern in der Region Basel. Wer seine Wohnung für unbekannte Menschen anderer Sprache öffnet, gibt einen Vertrauensvorschuss. Auch wer aus einem anderen Land anreist und sich in die Wohnung von Menschen begibt, die er noch nie zuvor gesehen hat, bringt Vertrauen auf. Die ökumenische Communauté von Taizé hat mit grosser Ruhe darauf gebaut, dass wie zuletzt Riga, Valencia und Prag auch die Drei­länderregion Basel das jährliche Treffen mit Zehntausenden junger Leute beherbergen ­könne. Pfarreiverantwortliche bei uns zweifelten bestimmt manchmal, vertrauten aber letztlich doch darauf, dass sich in ihrer Gemeinde genügend Leute melden würden, um Unterkunft für 50, 100 oder 300 ausländische Gäste zu finden.

Sich und anderen vertrauen zu können, ist der Schlüssel. Vertrauen macht vieles möglich. Der Erfolg von «Taizé Basel» beruht auf dieser Fähigkeit und hat sie gestärkt.

Christian von Arx