20.12.2018 – Editorial

Danke fürs 2018

Ja, auch das Jahr 2018 brachte uns Sorgen, Schrecken und Schmerz. Aber eine Sünde wäre es, deswegen all das Gute zu vergessen, das uns in diesem Jahr zuteil wurde. Noch immer kann ich nur staunen über die Jahrhundert­ernte bei Kirschen, Äpfeln, Zwetschgen, Nüssen, Trauben. Bei anderen Kulturen litt die Landwirtschaft unter der Trockenheit, doch die meisten von uns durften sich am endlos langen Sommer freuen. Nie habe ich so viele Menschen in un­seren Flüssen baden sehen. Im politischen Leben hat mich der erfolgreiche Aufschrei gegen Waffenausfuhren in Bürgerkriegsländer beeindruckt. Wer die humanitäre Verpflichtung der Schweiz ernst nimmt, muss dem Gedanken an die Opfer Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen geben.

In die gleiche Richtung zielt die klare Ablehnung des Vorschlags, Völkerrecht nicht zu beachten, wenn es in Konflikt mit Landesrecht tritt. Dieses Abstimmungsergebnis enthält auch ein Bekenntnis des Schweizervolkes zu den Menschenrechten, die nicht an Landesgrenzen Halt machen. Viele kirchlich Tätige haben sich in diesem Sinn engagiert – durchaus im Wissen, dass das katholische Kirchenrecht die angeborenen gleichen Rechte für alle Menschen – Frauen wie Männer – noch immer nicht verwirklicht. Die Leitung der Kirche tut gut daran, diesen Oberton im Abstimmungsergebnis nicht zu überhören.

Die katholische Kirche wurde vom sichtbar gewordenen Ausmass der Missbrauchsfälle weltweit erschüttert, die Verunsicherung bis in die oberste Spitze ist mit Händen zu greifen. Doch in unserer Reaktion darauf liegt eine positive Kraft. Das Kirchenvolk lässt nicht mehr passiv zu, dass Schweigen und Vertuschen den Tätern das nächste Verbrechen ermöglichen. Jetzt sind die richtigen Fragen auf dem Tisch: Fragen nach der Haltung der Kirche zur Sexualität, nach den Machtstrukturen und nach der Teilhabe der Frauen auf allen Ebenen. Viele, sehr viele Schweizer Katholikinnen und Katholiken erwarten, dass die Kirche auf diesem Weg vorangeht. Das zu spüren tut all jenen gut, die sich das Kirche-Sein nicht nehmen lassen.

Gibt es einen schöneren Grund zur Freude als das Miterleben einfacher, direkter Mitmenschlichkeit? Nicht nur in diesen Weihnachtstagen begegnen uns im Alltag Menschen mit einem unerschütterlichen Talent, andere mit ihrer Aufmerksamkeit oder mit einer Hilfestellung zu stärken. Wir alle kennen solche ­Engel. Doch, wir dürfen auch 2018 fröhlich Weihnachten feiern: Nicht selbstzufrieden, aber dankbar.

Christian von Arx