«Verlorene Liebesmüh»: Wer kennt sie nicht, die Enttäuschung nach Bemühungen und Engagement? | © Juanmonino/iStockphoto
«Verlorene Liebesmüh»: Wer kennt sie nicht, die Enttäuschung nach Bemühungen und Engagement? | © Juanmonino/iStockphoto
25.04.2023 – Impuls

Evangelium nach Johannes 21,1.3–7a

Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias. (…) Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr!

Einheitsübersetzung 2016

 

Ich habe mir doch so viel Mühe gegeben

«Verlorene Liebesmüh!» Der Ausdruck geht auf eine Komödie von William Shakespeare zurück. Ein Ausruf, ein Seufzer, ein grosser Frust. Da hat man oder frau sich so viel Mühe gegeben. Die Mutter klagt, dass es mit der Erziehung ihrer Kinder nicht so herausgekommen ist, wie sie es wünschte. Ein Angestellter hat sich im Beruf mit all seinen Kräften engagiert, und jetzt kommt die Entlassung.

Wer kennt die «verlorene Liebesmüh» nicht? Sie zieht sich mehr oder weniger durch das Leben jedes Menschen. Daraus folgt meist eine Enttäuschung, eigentlich eine enttäuschte Hoffnung. Diese enttäuschten Hoffnungen können sich in der Grube des Herzens ansammeln. Manchmal tauchen sie auf. Vielleicht können wir uns ablenken, dann verschwinden sie wieder für eine Weile.

Die Enttäuschung nach Bemühungen und Engagement kannten auch die Jünger im Schrifttext. Ihr Idol, ihre Hoffnung, ihr Freund, ihr Lebensziel schien nach dem Tod am Kreuz am Ende zu sein. Was jetzt? Sie arbeiteten weiter in ihrem angestammten Beruf als Fischer, es wollte nicht gelingen. In der Nacht fingen sie schlicht und einfach nichts. Die Trauer und die enttäuschte Hoffnung trübten ihre Augen. Aber am Morgen spürten sie eine neue Kraft, entdeckten sie die Schöpferkraft, aus der Jesus lebte und die sich seit Beginn des Lebens Bahn bricht. Ein neuer Morgen brach für die Frauen und Jünger an, nachdem sie die Lebenszeichen des Auferstandenen in ihrem Leben entdecken durften.

Der heilige Peter Chanel stellte als Missionar in Ozeanien, nach weiten und gefährlichen Seereisen, fest, dass er so gut wie keinen Erfolg hatte. Verlorene Liebesmüh? Die Früchte seines Engagements konnte er zeitlebens nicht ernten. Er wurde in seinen jungen Jahren ermordet. Erst im Nachhinein erkannte man die Grösse und Tiefe dieses Menschen auf den Südseeinseln und bis in die USA.

Die österreichische Dichterin Christine Busta drückte ihre Sehnsucht nach der tieferen Hoffnung mit folgenden Worten aus (zitiert aus «Dein Wort – Mein Weg», 16. Jahrgang, Heft 2/2023, Seite 3):

BIST DU DA?

Wie viele Sternwürfe weit

bist Du uns nahe?

 

GLÄUBIG?

Nicht wie die Sicheren.

Aber hellhörig

für die Botschaft.

 

WIEDER BEREIT,

den Zweifel auf mich zu nehmen –

im Dienste der Hoffnung.

 

DIE LIEBE NICHT EITEL NENNEN.

Auch Vergebliches tun …

 

Diese vom Leben ganz und gar nicht verwöhnte Lyrikerin schenkt uns dieses Nachtfragment. Diese Worte oder die Botschaft des Johannesevangeliums mögen, trotz der enttäuschten Hoffnungen, einen tieferen Grund in uns finden. So ist es vielleicht möglich, das Gefühl der «verlorenen Liebesmüh» loszulassen und die Ermutigungen des auferstandenen Christus im Leben ganz neu zu entdecken und zur tiefen Quelle des Lebens dieser Welt vorzustossen.

Anna-Marie Fürst, Theologin, langjährige Gefängnisseelsorgerin, freiwillige Seelsorgerin in der Predigerkirche Zürich