11.08.2022 – Editorial

Unrecht anerkennen

«Der christliche Glaube sagt uns, dass dies ein verheerender Fehler war, der mit dem Evangelium von Jesus Christus unvereinbar ist. (…) Ich bitte demütig um Vergebung für das Böse, das von so vielen Christen an den indigenen Bevölkerungen begangen wurde.»

Diese Worte sagte Papst Franziskus am 25. Juli in Maskwacis, einer Gemeinschaft von Indigenen nahe von Edmonton in der kanadischen Provinz Alberta. Er meinte damit die Beteiligung der katholischen Kirche an den Residential Schools, in denen Kinder der kanadischen First Nations, der Métis und der Inuit über Jahrzehnte ihren Familien entzogen und entfremdet, gequält und in Tausenden von Fällen getötet wurden.

Hat Franziskus auf seiner Reise durch Kanada die richtigen Worte gefunden? Waren sie glaubwürdig? Welche Taten müssen ihnen folgen? Darüber zu urteilen, ist in erster Linie die Sache der Betroffenen, ihrer Angehörigen und ihrer Völker.

Begangenes Unrecht bleibt immer Unrecht. Aber für die, die Unrecht erleiden, macht es einen Unterschied, ob die Täter erkennen und anerkennen, dass sie Unrecht getan haben. Wir wissen alle, wie schwierig das sein kann. Franziskus ist der erste Papst, der den Indigenen Kanadas in ihrem Land in die Augen geblickt, ihren Anklagen zugehört und eingestanden hat, dass ihnen im Namen des christlichen Glaubens Unrecht zugefügt worden ist.

Wir dürfen nie hinnehmen, dass unsere Kirche Verbrechen gegen Menschen rechtfertigt und begeht. Darum ist die Kanada-Reise von Franziskus so wichtig auch für uns.

Christian von Arx