Gruppenbild der Schweizer Online-Delegierten in Wislikofen mit Felix Terrier (ganz links). | © Arnd Bünker
Gruppenbild der Schweizer Online-Delegierten in Wislikofen mit Felix Terrier (ganz links). | © Arnd Bünker
21.02.2023 – Aktuell

«Frauenpriestertum muss aus europäischer Sicht ein Thema in Rom sein»

Synodaler Prozess in der kontinentalen Phase: intensive Tage in Prag und Wislikofen

Delegationen der katholischen Kirchen Europas trafen sich in Prag zur Kontinentalversammlung. Zu den 200 Teilnehmenden vor Ort kamen knapp 400 Online-Delegierte, unter ihnen auch Priester Felix Terrier, Kirchenrektor des Klosters Dornach. Für ihn ist die Synode für eine synodale Kirche eine letzte Chance, die es nicht zu verpassen gilt.

«Es war eine spannende Herausforderung, zu hören, was in Prag berichtet wurde, und uns vor Ort damit auseinanderzusetzen.» So fasst Felix Terrier zusammen, wie er als Online-Delegierter die europäische Kontinentalsynode vom 5. bis 12. Februar erlebt hat. Es seien intensive Tage gewesen, mit vielen Stunden am Bildschirm. «Wir waren sehr froh, waren wir zusammen und konnten uns austauschen», sagt Terrier. Während die zehn Schweizer Online-Delegierten als Gruppe in der Propstei Wislikofen im Aargau zusammen gekommen waren, waren die Online-Delegierten aus den meisten anderen Ländern als Einzelmasken zugeschaltet.

Würde aller Getauften als Grundlage

Was ist denn nun bei der Kontinentalsynode der Europäer herausgekommen? Was waren die thematischen Schwerpunkte? Dazu muss man wissen, dass nicht Themen traktandiert waren, sondern die Delegationen der 39 Bischofskonferenzen in ihren 6-Minuten-Statements berichteten, was bei ihnen passiert ist. Daraus ergab sich dann eine Liste von Themen, die in den Arbeitsgruppen (vor Ort und online) priorisiert wurden. Daraus hebt Terrier drei Punkte hervor: den Umgang mit LGBTQ, die Stellung der Frau und die Würde aller Getauften, die ja die Grundlage für alles andere sei.

Als weitere Themen nennt Terrier:

  • Ökumenismus: Die katholische Kirche kann der Krise nur begegnen im Gespräch mit den anderen Kirchen.
  • Missbräuche
  • Dezentralisierung: Diesen Punkt hat insbesondere die Schweiz eingebracht. «Aufgrund der Unterschiedlichkeit kann man faktisch nur mit dezentralen Lösungen antworten – als Entfaltung der Vielfalt in der Einheit», sagt Terrier.
  • Inklusion von Menschen, die gesellschaftlich und kirchlich an den Rand gedrängt sind
  • Jugend: Sie war vor Ort nicht vertreten, aber ein grosses Thema. «Dass sie nicht da war, zeigt den Handlungsbedarf der Synodalität auf», sagt Terrier.

Die Schweiz sei mit ihrer Position überhaupt nicht isoliert dagestanden. Die von ihr vorgebrachten Anliegen seien auch in vielen anderen Statements zu hören gewesen. In den Gruppengesprächen sei deutlich geworden, dass die Schweizer auch wahrgenommen worden seien. Ebenso dass es zwei Frauen waren, die den Schweizer Beitrag vortrugen.

Frauenfrage spaltet Ost und West

Gibt es einen gesamteuropäischen Tenor, oder gibt es da grosse Unterschiede? Die 39 Länderberichte enthielten nicht völlig Unterschiedliches. Die Situation der Kirche sehe überall gleich aus, aber es gebe merkliche Unterschiede bei der Beurteilung, hält Terrier fest. So werde in Osteuropa die Frage der Stellung der Frau ganz anders beantwortet.

Das heisst konkret: In einem der meistgenannten Reformanliegen besteht schon auf europäischer Ebene keine Einigkeit. «Zum Frauenpriestertum gibt es keine einheitliche Haltung von Europa, dazu sind die Gräben zu tief», sagt Terrier. Er hofft aber, dass es ein Thema an der Weltsynode in Rom sein wird. «Aus europäischer Sicht muss es sicherlich ein Thema sein.» Und gerade in dieser Frage dränge sich die Dezentralisierung auf.

Synode der letzten Chance

Hat sich denn in Prag etwas bewegt? «Die, die dabei waren, spüren ein Feuer», sagt Terrier. Nun gehe es darum, wie dieses Feuer weitergegeben werden könne. Die grosse Frage, die sich für Terrier jetzt stellt, lautet: Wie geht es weiter? Wie kann der synodale Prozess auf allen Ebenen implantiert werden?

In einer gemeinsamen Stellungnahme fragen sich die Schweizer Online-Delegierten mit Sorge, wie die in Prag sichtbar gewordenen unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Erwartungen, wie eine kirchliche Erneuerung konkret geschehen kann, auch in einen gemeinsamen, synodalen Entscheidungsprozess münden können. Ohne eine gestärkte Verantwortung der Ortskirche und die Möglichkeit dezentraler Entwicklungen sei das kaum möglich.

Prag habe etwas aufgezeigt, das Hoffnung mache, sagt Terrier. Und: Die Bischöfe hätten sich alle dazu bekannt, den synodalen Prozess weiterzuführen. Wenn nun aber nichts passiert, sei es eine verpasste Chance. «Es ist die letzte Chance, wenn wir sie nicht ergreifen, verschwindet die Kirche in der Bedeutungslosigkeit.»

Regula Vogt-Kohler