Sie waren die Schweizer Delegation an der Europäischen synodalen Versammlung vom 5. bis 12. Februar in Prag: Helena Jeppesen-Spuhler, Tatjana Disteli, Bischof Felix Gmür. Dazu kamen, gleichberechtigt, zehn Online-Delegierte in Wislikofen, unter ihnen Felix Terrier. | © zVg
Sie waren die Schweizer Delegation an der Europäischen synodalen Versammlung vom 5. bis 12. Februar in Prag: Helena Jeppesen-Spuhler, Tatjana Disteli, Bischof Felix Gmür. Dazu kamen, gleichberechtigt, zehn Online-Delegierte in Wislikofen, unter ihnen Felix Terrier. | © zVg
09.03.2023 – Impuls

Apostelgeschichte 2,2–4a

Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sassen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen liess sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt.

Einheitsübersetzung 2016

 

Synodale Kirche – Wandlung oder Untergang

Von den weltlichen Medien weitgehend unbeachtet fand Anfang Februar in Prag eine erstaunliche Versammlung der katholischen Kirche Europas statt. Vertretungen aus 39 Bischofskonferenzen berichteten über die kirchliche Situation in ihren Ländern. Dass die Spannung zwischen Tradition und Wandlung bei den grossen Themen unserer Kirche tiefe Gräben zwischen den verschiedenen Regionen Europas zieht, war zu erwarten. Als wegweisend für die Zukunft könnte sich da der viel beachtete Ruf nach einer Einheit in der Vielfalt erweisen, die durch die Förderung regionaler Lösungen die kirchliche Vielfalt achtet und würdigt.

Dabei ging es in Prag gar nicht um Lösungen. Es ging darum, einander zuzuhören, mehr nicht; aber das richtig zu tun! Was die politische Welt noch nie zustande gebracht hatte, hat unsere Kirche gewagt: Da tagten hinter verschlossenen Türen nicht einfach die Regierenden, die Bischöfe also, nein, in den Delegationen waren zahlreiche Frauen und Männer ohne Weihe (Laien) und ohne Amt, und ihre Stimmen wogen gleich viel wie die der Bischöfe und Priester! Das ist beachtenswert und verdient Anerkennung und Respekt.

Darf man nun also hoffen, dass der Ruf von Papst Franziskus nach Wandlung zu einer «synodalen Kirche» als letzte Chance für die Kirche gehört worden ist? Ja, die Kirche hat einen synodalen Schritt gemacht. Aber bekannterweise macht eine Schwalbe noch lange keinen Sommer. So muss man unter anderem klar bedauern, dass in Prag kein einziger Jugendlicher und keines der ungezählten Missbrauchsopfer zu Wort gekommen ist. Eine verpasste Chance, gewiss, doch gerade so wurde auch deutlich, worauf künftig geachtet werden muss, und dass wir alle noch lernen müssen, wie «synodal» wirklich funktioniert, und wie sehr dieser Weg herausfordert.

Denn in einer synodalen Kirche verändern sich die bisherigen Rollen. Nicht nur das hierarchische Leitungsverständnis, auch die Bedeutung der Taufe, die alle zu vollwertigen Gliedern der Kirche macht, wird in ein neues Licht gerückt. Vorbei also die Zeit, wo geweihte Männer alleine in der Kirche bestimmen und die vielen anderen Stimmen nicht zählen; vorbei die Zeit, wo Getaufte sich zurücklehnen und die Verantwortung für die Kirche den angestellten Funktionären überlassen. Vorbei aber auch die Zeit, in der über die Menschen am Rande und nicht mit ihnen geredet wird. All das wird in einer synodalen Kirche keinen Platz haben! … dafür das gemeinsame Auf-dem-Weg-Sein in den Spuren Jesu.

Die Frage ist heute also nicht, ob wir eine synodale Kirche sein wollen oder nicht. Die Frage ist, in welchen Spuren wir in die Zukunft gehen, von welchem Geist wir uns be-geistern lassen und welcher Hoffnung wir – trotz aller Rückschläge – eine Chance geben.

Felix Terrier, Leiter Bereich Kirche im Kloster Dornach