Innenausstattung der Kirche St. Peter und Paul in Oberwil von Hans Arp | © Jonas Engeler
Innenausstattung der Kirche St. Peter und Paul in Oberwil von Hans Arp | © Jonas Engeler
07.03.2024 – Hintergrund

Spätantike Tradition und Moderne Kunst

Zwei Welten in der römisch-katholischen Kirche Oberwil

Das Projekt theos «Theologisch bedeutsame Orte der Schweiz» verbindet mit den sogennanten theos-Beiträgen zu spezifischen Orten die Vielfalt der Perspektiven auf die religiöse Landschaft der Schweiz. Der ganze Beitrag zur römisch-katholischen Kirche St. Peter und Paul in Oberwil wurde im Februar 2023 auf www.theos.unibe.ch publiziert.

Gestaltet wurde die Kirche in Oberwil vom weltweit bekannten Künstler Hans Arp (1886–1966). Seine Werke sind in den wichtigsten Kunstmuseen rund um den Globus vom Centre Pompidou in Paris bis zum MoMa in New York vertreten. Arp gilt als einer der Begründer der Kunstform Dada, die 1916 als künstlerische und literarische Bewegung in Zürich gegründet wurde. Arp bezeichnet sie als einen «Protest gegen die Rationalisierung des Menschen.» Der Künstler, der sich in den 1940er-Jahren dem römisch-katholischen Glauben zuwandte, stiess mit seinem Kunstschaffen in dieser Zeit jedoch nur bei wenigen Kirchenoberen auf Verständnis. In Oberwil verhielt sich dies anders, was auch mit seiner Bekanntschaft zum Architekten Hans Peter Baur (1922—2017) zusammenhängen mag, der mit der Renovation der Kirche in Oberwil beauftragt wurde.

Betritt man die Kirche, erreicht man – am Seitenschiff entlang gehend – den einzigartigen Taufbrunnen. Er ist aus Solothurner Kalkstein gefertigt und fasziniert durch seine gerundete Formensprache. Aus einem kleinen kantigen Felsbrocken entspringt fliessendes Wasser. Links davon steht der massiv gebaute Ambo, der sich aus einem markanten Stück Eichenholz und zwei der Buchform angepassten Kalksteinquadern formt. Vor dem Ambo ist eine Intarsie mit einer den Heiligen Geist symbolisierenden Taube eingelassen. Rechts neben dem Altar, der von zwei Kalksteinwänden getragen wird, befindet sich auf einem Sockel der Tabernakel. Er wird von weiteren Steinintarsien gerahmt. Die Kunstwerke heben den liturgischen Raum entscheidend von anderen Kirchenräumen aus jener Zeit in der Schweiz ab und lassen ihn zeitlos erscheinen.

Die Menschen in Oberwil haben schon gegen Anfang des 7. Jahrhunderts das erste Gotteshaus auf dem heutigen Kirchhügel errichtet. Anlässlich der Innenrenovation der Kirche von 1964/65 wurde eine wissenschaftliche Grabung durchgeführt, die vor allem archäologische Zeugnisse aus dieser Zeit hervorbrachte. Die ältesten Anlagen, die sich unter dem Kirchenschiff und dem Chor befinden, sind zugänglich und unter Denkmalschutz gestellt. Ein Ausdruck des Eintauchens in die Tradition dieses besonderen Ortes sind die monatlich abgehaltenen Gottesdienste in der öffentlich zugänglichen Ausgrabungsstätte.

Die zeitlose Kontinuität kommt durch die Ausgestaltung des Kirchenraumes von Hans Arp zum Ausdruck, der sich in seiner schlichten Formensprache auf die wesentlichen und die liturgischen Traditionen tragende Zeichensprache bezieht.

Jonas Engeler