Fra Angelico: Verkündigung an Maria (Fresko im Dominikanerkloster San Marco in Florenz). | © Web Gallery of Art/wikimedia
Fra Angelico: Verkündigung an Maria (Fresko im Dominikanerkloster San Marco in Florenz). | © Web Gallery of Art/wikimedia
09.02.2023 – Impuls

2. Korintherbrief 3,18

Wir alle aber schauen mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn.

Einheitsübersetzung 2016

 

Schönheit wird die Welt retten

«Schönheit wird die Welt retten.» Dieser provokante Satz stammt aus Fjodor Dostojevskis Roman «Der Idiot».

Was aber ist gemeint mit Schönheit? Die Natur, aber auch einen guten Menschen, eine gute Tat, überhaupt alles, wo etwas vom wahren Leben aufstrahlt, wo Liebe gelebt wird, empfinden wir Menschen als schön. Und Schönheit gibt es natürlich in der Kunst.

Ich wage mal zu behaupten, dass gerade auch das Christsein sehr viel mit Schönheit zu tun hat, denn in der Bibel ist immer wieder die Rede von Gottes Schönheit oder auch Gottes Herrlichkeit. So wurde beispielsweise Mose von ihr erleuchtet, der Tempel von ihr erfüllt, die Propheten von ihr zu Boden geworfen, Jesus von ihr durchdrungen und auch die Jünger von ihr erfasst und verwandelt.

Bestimmt hat sich auch der berühmte Maler Fra Angelico von dieser Schönheit Gottes innerlich ergreifen lassen und dann aus diesem Ergriffen-Sein heraus seine Kunstwerke geschaffen.

Auch wenn Schönheit auf den ersten Blick etwas sehr Abstraktes und Subjektives zu sein scheint, so streben wir Menschen dennoch alle danach. Schönheit berührt und bewegt etwas in uns. Die Begegnung mit ihr verändert Herzen. Aus der Comicserie Peanuts stammt die weise Aussage: «Wenn die Menschen alle jede Nacht den Sternenhimmel betrachten würden, sähe die Welt anders aus.»

Es ist sogar neurobiologisch belegt, dass Schönheit glücklich macht. Wenn wir etwas Schönes sehen oder empfinden, werden in unserem Gehirn Reize ausgeschüttet, die wir als angenehm oder als eine Belohnung empfinden.

Und trotzdem können wir solch schöne Momente nicht festhalten. Auch der faszinierendste Sonnenuntergang ist vorbei, wenn die Sonne untergegangen ist, und die wohltuende Begegnung mit lieben Freunden nimmt irgendwann ein Ende. Unser Bedürfnis nach Schönheit kann in dieser Welt nie vollkommen erfüllt werden. Schönheit weckt Sehnsucht und lockt uns aus uns heraus. Darum hat sie auch einen transzendenten Charakter. Sie weist auf ein «Mehr» hin – auf etwas, was für uns nicht greifbar ist, eine grössere Realität, die über das Irdische und Fassbare hinausgeht.

Aber wir leben in einer Zeit, wo kaum etwas so verdreht ist, wie der Begriff von Schönheit. Gibt man bei Google «Schönheit» oder «Beauty» ein, so erscheint erstmal eine lange Liste der neusten Mode-, Kosmetik- oder Diät-Trends. Allerdings hat künstliche oder oberflächliche Schönheit keine Seele – sie vermag weder zu strahlen, noch zu bezaubern. Sie wirkt platt und leer.

Wahre Schönheit hingegen strahlt von innen. Sie ist der Zusammenklang von Innen und Aussen. Fredy Knie sagte einmal über seine Zirkuspferde: «Schönheit ist Gestalt gewordene Liebe.»

Können wir Christen noch «schön» sein? Die Antwort gibt das Leben. Ein wahrhaft schöner Mensch strahlt Lebensfreude und Liebe aus. Ihm zu begegnen macht glücklich. Und solche Schönheit verwandelt unsere Welt.

Nadia Miriam Keller, Theologin, arbeitet als Spitalseelsorgerin am St. Claraspital in Basel