Pilgernde unterwegs auf steinigen Wegen. Die Gewissheit, dass abends ein Bett zur Verfügung steht, beflügelt beim Wandern. | © Felix Terrier
Pilgernde unterwegs auf steinigen Wegen. Die Gewissheit, dass abends ein Bett zur Verfügung steht, beflügelt beim Wandern. | © Felix Terrier
24.08.2023 – Impuls

Matthäus 5,33-34a.37

Weiter habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt wurde: Du sollst keinen Meineid schwören, sondern dem Herrn deine Eide einlösen. Ich aber sage euch: Ihr sollt überhaupt nicht schwören. … Euer Ja sei ein Ja, und euer Nein sei ein Nein. Jedes weitere Wort ist von Übel.

Übersetzung: Zürcher Bibel 2007

«O.K.!» – eine Pilgergeschichte

Zusammen mit Pilgerfreunden plane ich, im Oktober auf den Spuren des Hl. Franz von Assisi nach Rom zu pilgern. Zwei Wochen Wanderschaft durch Hügel und Täler im Herzen Italiens. Natürlich ist Pilgern mehr als «nur» Wandern durch schöne Landschaften. Dieses «Mehr» ist eine Haltung des Aufbruchs, der Offenheit und des Vertrauens. Dazu kommt eine sehr bewusste Wahl der Route, die nicht touristischen, sondern spirituellen Impulsen folgt. Aber dennoch bleiben gewisse Bedürfnisse gleich, ob auf Pilgerreise oder in Wanderferien: Wandervögel wie Pilger müssen essen, trinken und schlafen. Übernachtungsmöglichkeiten für Gruppen sind jedoch – anders als entlang der Pilgerstrassen des Jakobsweges – in den kleinen Etappendörfern der Heimat des Hl. Franz rar. Deshalb war ich beruhigt, als nach zahlreichen Mails über die Sprachgrenze hinweg in allen Etappenorten eine Unterkunft für unsere Pilgergruppe reserviert und bestätigt war. In allen Etappenorten? Nicht ganz. Von einem Kloster hatte ich nur die knappe Antwort erhalten: «O.K. Erwarte Bestätigung.» Umgehend bestätigte ich: «Vielen Dank! 9 Personen vom 9. auf den 10.; brauchen Sie noch mehr Informationen?» … Nach vier Tagen ohne jede Reaktion werde ich etwas unruhig. Was ist da schiefgelaufen? Irrt die Antwort der Schwestern im weltweiten Datennetz orientierungslos umher? Ist die «Computerschwester» plötzlich erkrankt, oder erlaubt der strenge Orden pro Woche gar nur einen Kontakt nach aussen? War meine Bestätigung auf Italienisch missverständlich? Ganz konkret frage ich mich natürlich: Stehen uns im Oktober die Betten nun tatsächlich zur Verfügung?! Ich tippe beunruhigt erneut eine Bestätigung und überprüfe dieses Mal den Text durch ein zweites Übersetzungsprogramm, das ich zusätzlich auf meinen Computer heruntergeladen habe.

Nach drei weiteren bangen Tagen ohne Rückantwort bitte ich einen Freund, der fliessend Italienisch spricht, im Kloster anzurufen und nachzufragen. Ich werde blass, als er nach zwei Tagen meldet, dass seine verschiedenen Versuche gescheitert seien, und das Telefon ins Leere klingelt. Ich beginne zu taumeln: Kann es sein, dass unsere Pilgerreise daran scheitern könnte?! … Dann die erlösende Meldung: Alles in Ordnung! Die verantwortliche Schwester war über unsere Unsicherheit und Unruhe amüsiert. Sie habe doch geschrieben «O.K.», wo denn das Problem sei.

Jesus sagte: «Euer Ja sei ein Ja, und euer Nein ein Nein», und er meinte es so. Da dämmert es mir, dass unsere Pilgerreise kaum an einem fehlenden Bett für die Nacht scheitern kann, aber sehr wohl am mangelnden Vertrauen und dem fehlenden Mut zum Aufbruch ins Ungewisse. Grazie mille, liebe Schwestern!

Felix Terrier, Rektor der Klosterkirche Dornach