29.06.2023 – Editorial

Klartext

Sprache ist das Kerngeschäft von Journalisten und Journalistinnen. Die bewegendste Geschichte, die schockierendste Enthüllung kann nicht allein über Bilder vermittelt werden. Ein Bild kann vieles «sagen», aber es braucht mündlich oder schriftlich wiedergegebene Worte, damit es verständlich wird. Ein Bild ist die Momentaufnahme einer Wirklichkeit, die schon im nächsten Moment eine andere ist.

Umgekehrt behilft sich die gesprochene und geschriebene Sprache mit Bildern im übertragenen Sinn, um einen Text anschaulich und damit verständlicher zu machen. Wie ein Beispiel aus der frühen Phase des synodalen Prozesses, den Papst Franziskus im Oktober 2021 initiiert hat, zeigt, können solche Bilder aber auch für Verwirrung und Irritation sorgen. Das für das Arbeitsdokument der kontinentalen Phase gewählte biblische Bild des Zelts, das seinen Raum weit macht, stiess in Afrika auf Ablehnung. Zu sehr ist das Bildmotiv des Zelts mit Flucht wegen Krieg und Naturkatastrophen verknüpft.

Der synodale Prozess ist mittlerweile fortgeschritten, das Arbeitspapier, das sogenannte Instrumentum Laboris (IL), für die erste Sitzung der Weltsynode liegt vor. «Das IL ist bestrebt, eine Sprache zu vermeiden, die spaltet», heisst es im Vorwort. Daraus erhofft man sich ein besseres Verständnis unter den aus unterschiedlichen Regionen und Traditionen stammenden Mitgliedern der Versammlung. Allzu vage Formulierungen gehen auf Kosten der Genauigkeit und damit auch der Verständlichkeit. So fällt etwa auf, dass die Frage der Teilhabe von Frauen erwähnt wird, ein Suchlauf nach dem Begriff «Frauenordination» jedoch ergebnislos ausfällt.

Regula Vogt-Kohler