Hanspeter Lichtin: «Wir müssen alles dafür tun, um den Menschen zu zeigen, dass die Kirche ein toller Ort zum Arbeiten ist.»| © Vera Griesser
Hanspeter Lichtin: «Wir müssen alles dafür tun, um den Menschen zu zeigen, dass die Kirche ein toller Ort zum Arbeiten ist.»| © Vera Griesser
18.04.2024 – Aktuell

Keine Frage des Geldes, sondern der Glaubwürdigkeit

Im Baselbiet soll es in manchen Gemeinden keinen Religionsunterricht in der Primarstufe mehr geben – das las und hörte man in den letzten Tagen und Wochen in einigen Medien. Der Grund: zu schlecht ausgebildete Lehrkräfte und zu wenig Investition in die Ausbildung seitens der Kirchen, so der Vorwurf. Hanspeter Lichtin, Leiter der Fachstelle Religionspädagogik der Römisch-katholischen Landeskirche Basel-Landschaft, ordnet die Situation für die katholische Kirche im Baselbiet aus seiner Sicht ein.

Ein generelles «Raus aus der Primarschule» gebe es auch für einzelne Gemeinden nicht, stellt Lichtin klar. Grundlage der Medienberichte war ein Elternbrief einer Kirchgemeinde aus dem Baselbiet, in dem erwähnt wird, dass für das Schuljahr 2024/2025 in der sechsten Klasse kein ökumenischer Religionsunterricht (RU) mehr erteilt werden wird. Auf Nachfrage Lichtins habe die verantwortliche Stelle jedoch angegeben, dass es nicht um eine definitive Entscheidung gehe, sich langfristig aus dem RU-Angebot zurückzuziehen, sondern dass die Situation Jahr für Jahr neu evaluiert würde.

Im Zuge der Berichterstattung wurde Kritik laut, dass es an gut ausgebildetem Lehrpersonal fehle, da die Kirchen in den letzten Jahren nicht genug in die Ausbildung von Religionslehrkräften investiert hätten. Nach Lichtin ist dies für die katholische Kirche nicht der Fall. Neben dem Religionspädagogischen Institut der Universität Luzern, wo ein Bachelorabschluss in Religionspädagogik erworben werden kann, gibt es vor allem auf Ebene der nicht-universitären Weiterbildung ein System, das von allen Kantonalkirchen angeboten wird. Mit ForModula, so der Name des modularen Ausbildungssystems, hat die katholische Kirche nach Auffassung Lichtins in eine qualitativ gute Ausbildung investiert, die deutschschweizerisch anerkannt und zertifiziert ist. In der Nordwestschweiz sei man sogar noch einen Schritt weiter gegangen und setze ForModula seit 2012 ökumenisch um. In «OekModula» werden zukünftige Religionslehrkräfte besonders befähigt, ökumenischen RU zu erteilen. Die Ausbildung, so Lichtin, ist sehr praxisorientiert; die Auszubildenden sind direkt von Beginn an im Unterricht vor Ort und lernen, Praxiserfahrungen zu reflektieren. Ausserdem ist die Ausbildung von den Kirchen hochsubventioniert. Die Kirchgemeinden seien nach Lichtin bereit, Interessierte zu unterstützen oder die Ausbildungskosten sogar ganz zu übernehmen.

Lichtin ist sich sicher: «Dass der Religionsunterricht nicht mehr so oft stattfinden kann, wie gewünscht, ist keine Frage des Geldes. Der Grund ist ein anderer: Die Kirche hat ein Glaubwürdigkeitsproblem.» Es sei schwierig, Menschen für einen kirchlichen Beruf zu begeistern. «Wir müssen alles dafür tun, um den Menschen zu zeigen, dass die Kirche ein toller Ort zum Arbeiten ist», ergänzt er. Dabei sieht er auch das Bistum und die Kirchgemeinden in der Pflicht. Sie sind aus seiner Sicht gefordert, die Kirche als eine attraktive Arbeitgeberin darzustellen, indem man den Lehrkräften gute Anstellungsangebote macht, sie fördert und ihnen Wertschätzung entgegenbringt.

Leonie Wollensack