Von links: Alice Stierli, Valentin Beck, Elias Müller. | © Dominik Thali
Von links: Alice Stierli, Valentin Beck, Elias Müller. | © Dominik Thali
21.03.2019 – Aktuell

Jubla steht auch für Freiheit in der Kirche

Jungwacht Blauring Schweiz erhält den Herbert-Haag-Preis 2019

Am Sonntag, 24. März, wird in Luzern dem katholischen Kinder- und Jugendverband Jungwacht Blauring Schweiz (Jubla) und dem Bund der Deutschen Katholischen
Jugend (BDKJ) der Herbert-Haag-Preis 2019 «für Freiheit in der Kirche» übergeben.

Im Interview äussern sich der Theologe Valentin Beck (35, Luzern), Bundespräses Jubla Schweiz, die Oberstufenlehrerin Alice Stierli (32, Zürich), Verbandsleitung Co-Präsidium Jubla Schweiz, und der Oberstufenlehrer Elias Müller (26, Baldegg), Co-Präsident Jubla Kanton Luzern, zum Selbstverständnis der Jubla und zum Verhältnis des Jugendverbands zur katholischen Kirche.

 

Die Jubla erhält den Herbert-Haag-Preis 2019. Weshalb?

Valentin Beck: Einerseits für unser Kerngeschäft, Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu bieten. Das wird als wertvoller Beitrag für die Gesellschaft erachtet. Ausgezeichnet werden wir wohl auch für den Prozess, in dem unser neues Leitbild und das Haltungspapier Glauben und Kirche entstanden ist. Ein Prozess, bei dem die Basis mittels Onlinebefragung und Dutzenden Workshops breit einbezogen wurde. Dabei dachte die Stiftung wohl an den umstrittensten unserer fünf Grundsätze, «Glauben leben». Wir trugen die Auseinandersetzung darüber selbstbewusst nach aussen – auch zu den Bischöfen.

 

In der Begründung der Herbert-Haag-Stiftung heisst es, in der Jubla lernten junge Menschen «eigenständig, (…) der Bedeutung des Evangeliums für ihr Leben auf die Spur zu kommen». Was heisst das für Sie?

Elias Müller: Ich würde es offener ausdrücken: In der Jubla wird das Evangelium erlebbar: Wir unternehmen zusammen etwas, erleben Gemeinschaft. Spirituelle Erfahrungen sind dabei nicht an die Kirche als Gebäude geknüpft.

Alice Stierli: Der Punkt ist, dass wir unseren Glauben leben, und nicht erklären müssen. Man kann mitmachen, wird aber nicht gezwungen, und entdeckt dabei vielleicht etwas für sich.

Müller: Das Religiöse steht nicht immer im Vordergrund, man macht es einfach, ohne sich religiöse Gedanken dazu zu machen. Mich packt es auch, wenn wir zusammen das Lied «Laudato si» singen.

 

Die Herbert-Haag-Stiftung setzt sich für «Freiheit in der Kirche» ein. Die Jubla will sich diese offenbar nehmen.

Beck: Auch, ja. Wir sind ein Teil der katholischen Kirche. Da denkt man natürlich schnell nur an Rom, an die Hierarchie. Die Kirche hat aber nicht nur Strukturen, sondern vor allem Funktionen. Für uns ist sie wie ein Tisch, an den wir einladen. Wer mag, setzt sich hin und erhält so überhaupt die Gelegenheit, mit Fragen von Religion und Glaube in Berührung zu kommen. Wichtig sind uns insbesondere die Gemeinschaftsbildung und die Vermittlung von Werten, indem wir diese vorleben. Die Jubla-Werte sind durchaus christlich inspiriert und lassen sich aus dem Evangelium begründen. Aber wir vereinnahmen diese Werte nicht für das Christliche allein. Für die Bewahrung der Schöpfung zum Beispiel kann man sich auch aus anderen Glaubensperspektiven oder in anderen Religionsgemeinschaften einsetzen.

 

Sie sagten, der Jubla-Grundsatz «Glauben leben» sei bei der Erarbeitung des neuen Leitbilds der umstrittenste gewesen.

Stierli: Glaube und Religion polarisieren. Es ist doch aber gut, wenn es dazu verschiedene Meinungen gibt und man diese diskutieren kann.

Müller: Dass der Grundsatz umstritten war, hängt damit zusammen, dass viele die Vorstellung haben, den Glauben lebe man in der Kirche und gemeinsam mit der Pfarrei. Das ist zwar eine Variante, und sie hat auch Platz. Der erwähnte Grundsatz ist aber viel offener formuliert. Es heisst darin unter anderem: «Wir schaffen Raum für Fragen des Lebens. Wir setzen uns ein für ein friedliches, gerechtes und solidarisches Leben.»

Beck: Es gibt so viele Haltungen wie Mitglieder und in den Jubla-Scharen vor Ort eine grosse Spannbreite, wie der Grundsatz «Glauben leben» verstanden wird. So, wie er jetzt vorliegt, ist er der grösste gemeinsame Nenner. Es war aber klar, dass die Jubla weiterhin ein kirchlicher Verband sein will. Der strukturelle Hintergrund des Verbandes bleibt katholisch, das einzelne Mitglied muss aber nicht Kirchenmitglied sein.

 

Ist es ein Ziel, dass sich das Mitmachen in der Jubla später im Mitmachen in der Pfarrei fortsetzt?

Beck: Innerkirchlich argumentiert, ja. Und vor 80 Jahren wurde die Jungwacht tatsächlich auch für die kirchliche Nachwuchsrekrutierung gegründet. Heute ist es sicher ein Ziel, dass das Zusammenwirken von Jubla und Pfarrei zu guten Kirchenerfahrungen führt. Die logische Folge wäre, dass man sich später immer noch für die Kirche interessiert.

Stierli: Wer in jungen Jahren Kirche in verschiedenen Facetten erlebt, kann sie später auch so leben und bestenfalls entsprechend prägen. Vielleicht trägt dies zu einer Veränderung bei.

Interview: Dominik Thali, Leiter Fachbereich Kommunikation der Römisch-katholischen Landeskirche Kanton Luzern

 

Die Preisverleihung findet statt am Sonntag, 24. März, um 15.30 Uhr im Hotel Schweizerhof in Luzern (7 Minuten vom HB Luzern). Laudatoren sind Christian Meyer, Abt des Benediktinerklosters Engelberg, und der Jesuit Klaus Mertes, Direktor des Kollegs St. Blasien im Schwarzwald. Eintritt frei, keine Anmeldung nötig.