Die Bischöfe der Heilig-Land-Koordination besuchten am 21. Mai die Pfarrei Apostel Jakobus in Beit Hanina bei Jerusalem, die um die getötete christliche palästinensische Journalistin Shireen Abu Akleh trauerte. Links im Vordergrund der Vertreter der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Peter Bürcher. | © Mazur/cbcew.org.uk
Die Bischöfe der Heilig-Land-Koordination besuchten am 21. Mai die Pfarrei Apostel Jakobus in Beit Hanina bei Jerusalem, die um die getötete christliche palästinensische Journalistin Shireen Abu Akleh trauerte. Links im Vordergrund der Vertreter der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Peter Bürcher. | © Mazur/cbcew.org.uk
30.05.2022 – Allgemein

Bischöfe sehen den Fortbestand der christlichen Gemeinschaft in Jerusalem bedroht

Reise der Heilig-Land-Koordination war vom gewaltsamen Tod der katholischen Journalistin Shireen Abu Akleh überschattet

Die diesjährige Reise der Heilig-Land-Koordination von katholischen Bischöfen nach Israel und Palästina stand im Zeichen der kurz zuvor erschossenen palästinensischen Shireen Abu Akleh. Die Bischöfe zeigten sich in ihrem Abschlusscommuniqué besorgt über den Fortbestand der christlichen Gemeinschaft in Jerusalem und forderten den Erhalt des multireligiösen Charakters der Heiligen Stadt.

Die Reise der Heilig-Land-Koordination findet normalerweise im Januar statt, wegen der Pandemie wurde sie dieses Jahr auf den 21. bis 26. Mai verschoben. Ihr Ziel ist ein regelmässiges Zeichen der Solidarität mit der kleinen christlichen Gemeinschaft in Palästina, die Information über die Lage durch direkte Kontakte vor Ort und ein Beitrag zu einem gerechten Frieden im Heiligen Land.

Am 11. Mai, zehn Tage vor Ankunft der Delegation mit Bischöfen aus Europa, Nordamerika und Südafrika, wurde die 51-jährige katholische palästinensische Journalistin Shireen Abu Akleh bei einem Einsatz als Reporterin des arabischen Sender Als Jazeera in der Stadt Dschenin im israelisch besetzten Westjordanland durch einen Schuss in den Kopf getötet, als sie über einen israelischen Militäreinsatz in einem palästinensischen Flüchtlingslager berichten wollte. Sie war dabei als Medienvertreterin gekennzeichnet. Danach beschuldigten sich die palästinensische und die israelische Seite gegenseitig, den tödlichen Schuss abgegeben zu haben. Am 13. Mai kam es zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen der israelischen Polizei und dem Trauerzug, dabei wurden auch die Sargträger angegriffen. Diese Ereignisse überschatteten den diesjährigen Besuch der Heilig-Land-Koordination.

Jüdisches, christliches, muslimisches Jerusalem

Ihr vom 26. Mai in Jerusalem datiertes und von der Schweizer Bischofskonferenz am 30. Mai auf Deutsch veröffentlichtes Abschlusscommuniqué beginnt die Heilig-Land-Koordination mit dem Psalm 136,5 – «Wenn ich dich vergesse, Jerusalem, soll meine rechte Hand verdorren» (in der Einheitsübersetzung Ps 137,5) – und mit dem Bekenntnis «Jerusalem ist eine jüdische Stadt, eine christliche Stadt, eine muslimische Stadt». Sie müsse ein gemeinsames Erbe bleiben und dürfe niemals zum ausschliesslichen Monopol einer einzigen Religion werden. Die Bischöfe zitierten eine Botschaft von Pierbattista Pizzaballa, dem Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, dass es das Recht und die Pflicht der Christen sei, die Offenheit und Universalität der Stadt zu wahren.

Die christliche Gemeinschaft sei für die Identität Jerusalems von wesentlicher Bedeutung, heisst es im Communiqué. «Doch ihr Fortbestand ist durch Besatzung und Ungerechtigkeit bedroht.» Viele Menschen, denen die Bischöfe begegnet seien, seien «Gewalt und Einschüchterung durch Siedlergruppen, Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit oder der Trennung von ihren Familien aufgrund des ihnen zugewiesenen Status» ausgesetzt.

Die Koordination teile die Besorgnis der christlichen Gemeinschaft über die von der israelischen Polizei verhängten einseitigen Einschränkungen der Religionsfreiheit während der Osterzeit. Und sie habe «die tiefe Trauer und Wut der Christen vor Ort über die Ermordung der palästinensischen katholischen Journalistin Shireen Abu Akleh und den beschämenden Angriff auf die Trauernden bei ihrer Beerdigung erlebt».

Die letzte Generation von Christen in der Stadt?

Die Bischöfe hätten wahrgnommen, dass die Pandemie die Armut vieler Menschen jeglicher Herkunft noch verschärft habe. Das Ausbleiben der Pilger in den letzten zwei Jahren habe Lebensgrundlagen zerstört, auch in der christlichen Gemeinde Jerusalems. Als Zeichen der Hoffnung nahmen die Bischöfe wahr, dass christliche Organisationen sich für das Wohlergehen ihrer Gemeinde und der Gesellschaft einsetzten und Not linderten. «Wir trafen junge Menschen, die sich trotz der täglichen Verletzungen ihrer grundlegenden Menschenrechte weigern, die letzte Generation von Christen in der Stadt zu sein.»

Die Heilig-Land-Koordination ruft dazu auf, die Christen in Jerusalem und im gesamten Heiligen Land zu unterstützen. Mit Papst Franziskus bekräftigt sie «den universellen Wert Jerusalems, der über alle territorialen Fragen hinausgeht». Alle Christen müssten dazu beitragen, den heiligen Charakter der Stadt zu bewahren und eine Vision für Jerusalem als einen Ort des Dialogs und der Einheit fördern.

kh

Interview mit Bischof Peter Bürcher auf kath.ch, 24. Mai 2022