Eingang zum Alters- und Pflegeheim Casavita Hasenbrunnen in Basel: Corona sorgt für Einschränkungen beim Zutritt. | © Regula Vogt-Kohler
Eingang zum Alters- und Pflegeheim Casavita Hasenbrunnen in Basel: Corona sorgt für Einschränkungen beim Zutritt. | © Regula Vogt-Kohler
28.01.2021 – Aktuell

In Krisensituationen ist Seelsorge gefragt

Im Gespräch mit Benedikt Hänggi, Altersseelsorger der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt

Die Pandemie hat die Arbeit der Altersseelsorge erschwert, aber nicht verunmöglicht. Wenn er nicht persönlich vorbeikommen kann, greift Benedikt Hänggi auch mal zum Telefon, und Gottesdienste werden mehrfach geführt.

Benedikt Hänggi ist seit drei Jahren Altersseelsorger in Basel-Stadt. | zVg

Wer ein gewisses Alter erreicht hat, wird sich der Endlichkeit des irdischen Daseins und der möglichen Ursachen für das Ende zunehmend bewusst. Was aber vor rund einem Jahr als Gefahr auftauchte, hatte niemand auf dem Radar. Eine Frau aus der Hochrisikokategorie 90plus hat es so in Worte gefasst: «Weisch, sterben will ich, aber nicht unbedingt an Corona.» Dies sei ein bisschen der Tenor gewesen, erzählt Benedikt Hänggi, seit Anfang 2018 Altersseelsorger der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt.

Gegen die totale Abschottung

Als Seelsorger hat er selbst dann noch Zutritt in Alters- und Pflegeheime, wenn sie für Besucherinnen und Besucher geschlossen sind. Was im Detail ganz konkret noch möglich ist, hängt von den Heimleitungen ab, die selbstständig entscheiden, welche Vorsichtsmassnahmen in ihren Institutionen gelten. So sind zurzeit in einigen Heimen die Gottesdienste wieder gestrichen, in anderen nicht. Teilweise finden die Feiern doppelt statt, um die Abstandsgebote einhalten zu können, oder auch auf den Stockwerken, um eine Durchmischung zu verhindern. Einzelbesuche seien «grosso modo» möglich, und in Sterbesituationen ist die Seelsorge bei Bedarf dabei.

Aus der ersten Phase der Pandemie im Frühling 2020 habe man viel gelernt, wie sich jetzt in der zweiten Welle zeige. Das totale Abschotten, wie es in Einzelfällen praktiziert wurde, lehnt er ab. Es kämen ja in jedem Fall mit dem Personal und den Ärzten Leute von draussen rein. Die Isolation sei für die alten Menschen eine grosse Belastung, und besonders schwierig ist es, wenn der Kontakt zu den Angehörigen nicht möglich ist. Das Telefon, zu dem Hänggi selbst griff, wenn Besuche nicht möglich waren, ist kein vollwertiger Ersatz. Die in einzelnen Heimen eingerichteten Besucherboxen trugen ein wenig zur Linderung des Schmerzes bei. «Dort kann man sich zwar sehen, aber nicht berühren», sagt Hänggi.

Seelsorge auch für das Personal

Umso grösser ist das Bedürfnis nach Kontakt, soweit er noch möglich ist. Das gilt nicht nur für die Bewohnerinnen und Bewohner, sondern auch für das sie umsorgende Personal. «Sie sind so engagiert – und auch am Limit», umschreibt Hänggi den Spagat, den die Pflegenden zu bewältigen haben. Zur starken Belastung durch die Arbeit kommen die Ängste, welche Corona auslöst. Wenn er darauf angesprochen werde, nehme er das auf und setze sich mit den Leuten zu einem Gespräch hin. Dass dies immer häufiger vorkommt, weist darauf hin, dass der Druck steigt. Dies wohl nicht zuletzt, seitdem mit dem Erscheinen einer ansteckenderen Virusvariante die Krise eine neue Dimension erhalten hat.

Das Bild, das Hänggi von den Alters- und Pflegeheimen, in denen er als Altersseelsorger ein- und ausgeht, malt, ist nicht so düster wie die Darstellung in vielen Medienberichten, aber auch persönlichen Schilderungen, die man lesen und hören konnte. Klar sei es für Einzelpersonen schlimm, aber er spüre in den Heimen oft auch positive Zeichen. Und selbst in Coronazeiten gebe es einen Courant normal, wo das Leben einfach weitergelebt werde. Eine ganz andere Situation bestehe natürlich in den Demenzabteilungen.

Zu den Aufgaben Hänggis gehört neben der eigenen seelsorgerischen Tätigkeit in sechs Heimen auch die Koordination und Betreuung der Freiwilligengruppen, die in einem Teil der Pfarreien in der Altersseelsorge im Einsatz sind. Die Generation, die jetzt im Alters- und Pflegeheim lebe, und auch die nächstfolgende seien noch stark mit der Kirche verbunden, hält Hänggi fest. Die Gottesdienste in den Heimen seien sehr gut besucht, und ein Gespräch sei für alte Menschen immer eine willkommene Abwechslung. Gerade in terminalen Situationen, aber auch generell in Krisenzeiten sei die Seelsorge gefragt. Das habe sich überhaupt nicht verändert.

Im Sommer steht ein Wechsel an

Hänggi selbst wird seine Tätigkeit im Sommer beenden. Die Altersseelsorge wird neu auch den Bereich Palliative Care umfassen und deshalb von 50 auf 80 Stellenprozente aufgestockt. Hänggi wünscht sich, dass der Schwerpunkt auf Seelsorge und nicht Koordination liegt. Aus seiner Arbeit in der Aidsseelsorge weiss er, dass auch bei jungen und kirchenfernen Menschen in existenziellen Situationen Glauben und Gott immer noch gefragt sind.

Regula Vogt-Kohler