Viele Kleinkinder wie diese Zwillinge in Niger im Oktober 2021 leiden unter Mangelernährung. | © Unicef/Frank Dejongh
Viele Kleinkinder wie diese Zwillinge in Niger im Oktober 2021 leiden unter Mangelernährung. | © Unicef/Frank Dejongh
26.01.2023 – Aktuell

Blinde Flecken in Afrika

Die zehn Krisen, über die 2022 am wenigsten berichtet wurde, betreffen afrikanische Länder

Mit der Afrikareise von Papst Franziskus erhalten die Demokratische Republik Kongo und der Südsudan mediale Aufmerksamkeit. Fernab der Schlagzeilen sind weitere afrikanische Länder von massiven humanitären Krisen betroffen.

Im November 2015 hat Papst Franziskus das Heilige Jahr der Barmherzigkeit in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik eröffnet. In Bangui habe er seinen ersten intensiven Kontakt mit Afrika gehabt, sagt der Papst in einem am 13. Januar veröffentlichten, ausführlichen Interview mit der spanischen Afrika-Zeitschrift «Mundo Negro». Der mitten in Afrika gelegene Staat gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, 71 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Seit 2013 prägt ein gewaltsamer interner Konflikt den Alltag der Menschen.

Die Zentralafrikanische Republik (ZAR) ist eines jener Länder, die regelmässig auf der Liste der zehn humanitären Krisen, die medial am wenigsten Beachtung finden, figurieren. Für 2022 listet das Hilfswerk Care International in den Top Ten der Krisen, die keine Schlagzeilen machten, ausschliesslich afrikanische Länder auf: Vor der ZAR liegen Angola und Malawi, danach folgen Sambia, Tschad, Burundi, Simbabwe, Mali, Kamerun und Niger.

Naturkatastrophen und Krieg

Als Ursachen für die Krisen nennt der Bericht von Care International Dürren und Überschwemmungen sowie Konflikte. Dazu kamen die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. So ist Angola eines der Länder mit den höchsten Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln wie Getreide und Speiseöl. Viele Menschen können sich nun keine Grundnahrungsmittel mehr leisten. Die sich in vielen Ländern ausbreitende Ernährungskrise steht im Gegensatz zum Reichtum an Rohstoffen.

Auf dieses Dilemma weist Papst Franziskus in seinem Interview mit Kritik an der Ausbeutung Afrikas hin. «Die Vorstellung, dass Afrika existiert, um ausgebeutet zu werden, ist das grösste Unrecht, das es gibt, aber sie ist im kollektiven Unterbewusstsein vieler Menschen verankert und muss geändert werden», sagt er. Jenseits der begehrten Bodenschätze bestehe Afrikas Schatz in einem «geistigen Reichtum». Afrika zu helfen sei ohne einen Stopp der Ausbeutung des Kontinents – seiner Ressourcen und seiner Menschen – nicht glaubwürdig.

«Halbe Unabhängigkeit»

Viele afrikanische Staaten befänden sich in einem Zustand der «halben Unabhängigkeit», hält der Papst fest. «Ihnen wird wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Boden an aufwärts gegeben, aber die anderen behalten den Untergrund, um diesen auszubeuten. Wir sehen eine Ausbeutung durch andere Länder, die diese Ressourcen nehmen.»

Regula Vogt-Kohler