Ein aktuelles Beispiel aus der Region Basel: Der Verein Puma sieht sich derzeit einer grossen Nachfrage nach Patenschaften für junge Asylsuchende gegenüber und sucht dringend weitere Patinnen und Paten (Anmeldung unter www.vereinpuma.ch/patin-oder-pate-werden). | © Verein Puma
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01.12.2022 – Impuls

Johannesevangelium 10,11–15

Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen, lässt die Schafe im Stich und flieht; und der Wolf reisst sie und zerstreut sie. Er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt. Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe.

Einheitsübersetzung 2016

 

Heilige haben alle Hände voll zu tun

«Möchten Sie heilig werden?», fragte uns junge Rekruten eines Tages der Oberstleutnant der Schweizergarde und fuhr fort: «Männer, es muss unser Wunsch sein, heilig zu werden!» Als 20-Jähriger wusste ich nicht so recht, was ich von dieser Ansprache halten sollte. Hätte er ernsthaft eine Antwort erwartet, so wäre ich recht überfordert gewesen.

Natürlich kannte ich verschiedene heilige Personen und auch deren Überlieferungen, die von meiner Grosstante stets etwas bunt ausgeschmückt wurden. So waren heilige Menschen in meiner Kindheit stets etwas eigenartig, bisweilen gruselig. Heilig zu werden, war für mich definitiv keine Option.

Auch um den heiligen Ambrosius ranken sich eigenartige Legenden, wie zum Beispiel jene von den Bienen, die mir ein Freund und Trappistenmönch aus Rom erzählte. Ambrosius sei als Säugling von Bienen mit Honig gefüttert worden, weshalb er eine wunderschöne Gesangsstimme gehabt habe und ebenso als charismatischer Prediger und Komponist religiöser Gedichte und Gesänge seine Zeitgenossen in den Bann gezogen habe.

Heute würde ich jemanden als heilig bezeichnen, der für seine Mitmenschen im Nachhinein als besonders nachhaltig erlebt worden ist. In jeder Epoche gibt es kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse, die als Herausforderung und bisweilen als Überforderung erlebt werden. Heilige Menschen können da wie ein Leuchtturm empfunden werden und ihren Mitmenschen Halt und Orientierung vermitteln.

Der heilige Ambrosius lebte in einer Zeit heftiger innerkirchlicher Auseinandersetzungen mit den Arianern und war offenbar in der Lage, alle zu überzeugen. Kein Wunder also, dass ihm an seinem Gedenktag die Perikope des «guten Hirten» zugeteilt wurde, der mit viel Sorgfalt und Engagement sein Leben hingibt.

Heilig zu sein, bedeutet demnach, sein Leben mit Hingabe zu leben. Ich denke da an Menschen, die nicht stets um Eigennutz und um ihr eigenes Wohlergehen bemüht sind, sondern die bereit sind, für andere und zum Wohl anderer etwas zu wagen. Es sind Menschen, die sich ernsthaft darum bemühen, die Welt ein wenig besser zu machen und den Mitmenschen Gutes zu tun.

Seit Corona sind Pflegefachkräfte in aller Munde und das ist vollkommen recht so. Ich denke aber auch an engagierte Lehrpersonen, an ehrliche Politiker, an Eltern und Grosseltern, die für ihre Kinder ein zuverlässiges Gegenüber sind. Ich denke an Nachbarn, die sich gegenseitig unterstützen und aushelfen, an aufrichtige Geschäftsleute und kluge, authentische Seelsorgende. Noch viele weitere liessen sich aufzählen in unserer von Unsicherheit und Angst geprägten Epoche, die wahrhaftig viel Zuversicht und Glaube an das Gute abverlangt. In diesem Sinne leben wir in einer Zeit, in der heilige Menschen nicht arbeitslos sind, sondern an allen Ecken und Enden gebraucht werden!

Mathias Jäggi, Theologe und Sozialarbeiter, arbeitet als Berufsschullehrer