01.06.2023 – Editorial

Für immer arm?

3989 Franken im Monat: Steht einer vierköpfigen Familie in der Schweiz maximal so viel oder zutreffender so wenig Geld zur Verfügung, gilt sie offiziell als arm. Denkt man nur schon an die Ausgaben für Wohnen, Verpflegung und Krankenkassenprämien, ist es offensichtlich, dass es auch mit ein wenig mehr Geld schwierig ist, über die Runden zu kommen.

Nach der Pandemie hat nun auch die Inflation viele knappe Budgets gesprengt. Nach Hilfe sehen sich die meisten erst dann um, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht. Das zeigt der Alltag in der Sozialberatung. Das hat mit Scham zu tun, aber auch der Stress, unter dem viele von Armut Betroffene oder Gefährdete stehen, spielt eine Rolle.

Manche melden sich gar nicht und verzichten auf ihnen zustehende finanzielle Unterstützung. Besonders negativ wirke sich der Nichtbezug von Sozialhilfe oder vorgelagerten Sozialleistungen wie Prämienverbilligungen und Familienmietzinsbeiträgen aus, wenn es sich um grössere Bedarfslücken über einen langen Zeitraum handle, heisst es im baselstädtischen Bericht zu den Sozialkennzahlen 2023. Grosser Handlungsbedarf bestehe insbesondere dann, wenn Kinder betroffen seien, hält der Bericht fest.

Aus der Forschung ist bekannt, dass nicht nur Reichtum, sondern auch Armut von Generation zu Generation weitergegeben wird. Darauf weist auch eine Studie der Nichtregierungsorganisation ATD Vierte Welt hin. Zur Vereinfachung des Zugangs zu Informationen und Leistungen, wie es die ATD Vierte Welt fordert, können auch niederschwellige Angebote wie die kirchlichen Sozialberatungen beitragen.

Regula Vogt-Kohler