Im Präsidentenpalast in Abu Dhabi wurde Papst Franziskus von den zwei mächtigsten Männern der Vereinigten Arabischen Emirate empfangen, Kronprinz Mohammed bin Zayed Al Nahyan von Abu Dhabi (rechts) und Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum von Dubai (links). | © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA
Im Präsidentenpalast in Abu Dhabi wurde Papst Franziskus von den zwei mächtigsten Männern der Vereinigten Arabischen Emirate empfangen, Kronprinz Mohammed bin Zayed Al Nahyan von Abu Dhabi (rechts) und Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum von Dubai (links). | © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA
07.02.2019 – Aktuell

Franziskus als erster Papst auf der Arabischen Halbinsel

Der historische Besuch in Abu Dhabi galt den christlichen Gastarbeitern und dem Dialog mit den Muslimen

120 000 Teilnehmer aus 100 Nationen, darunter 4000 Muslime: Die Messe, die Papst Franziskus am 5. Februar in Abu Dhabi feierte, ist die praktische Seite dessen, was er am Vorabend mit dem Grossimam Ahmad al-Tayyeb in einem wegweisenden «Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen» erklärte: Gelebter Glaube in friedlichem Miteinander der Kinder des einen Schöpfers.

Dieses religiöse Dokument hat in diesem Teil der Welt enorme politische Bedeutung. So klar, wie der Grossimam der Kairoer Al-Azhar-Universität und der Papst für Religionsfreiheit, Frauenrechte und Nachhaltigkeit werben, so deutlich, wie sie jegliche Gewalt und Extremismus im Namen Gottes, aber auch religionsfeindlichen Säkularismus und amoralischen Individualismus verurteilen, will das nicht jeder Machthaber oder traditionalistische Prediger hören.

 

«Volle Bürgerrechte für Christen»

In seiner Rede forderte Grossimam Ahmad al-Tayyeb aus Ägypten, Christen müssten in der Region volle Bürgerrechte haben. Dafür erhält er ebenso Applaus wie für seine Kritik an westlichen Zerrbildern von Muslimen. Der Papst kritisierte in seiner Rede scharf Krieg und Wettrüsten in der Region, lobte aber die Emirate für die Gewährung von Kultusfreiheit. Dennoch, so Franziskus: Wahre Religionsfreiheit beschränke sich «nicht nur auf die freie Ausübung der Religion, sondern sieht im anderen wirklich einen Bruder und eine Schwester (…) derselben Menschheit, denen Gott Freiheit gewährt.»

Am 4. Februar unterzeichneten das Oberhaupt der katholischen Kirche und der Vorsteher einer der wichtigsten Lehrautoritäten des sunnitischen Islam ihre gemeinsame Erklärung. Gemeinsam wollen Papst und Grossimam Frieden, Dialog, Toleranz und echte Frömmigkeit fördern, jeder Instrumentalisierung von Religion für Hass und Gewalt entgegenwirken und für gleiche Rechte für alle eintreten.

 

Zuspruch von Trost und Mut

Der zweite Tag des Papstbesuchs galt den Christen im Nahen Osten. Bei der Messe mit Zehntausenden Menschen im Stadion und weiteren Zehntausenden davor machte Franziskus den Christen in Arabien Mut, die fern ihrer Heimat leben. Er dankte, dass sie ihren Glauben so leben, wie es in dem am Vorabend unterzeichneten Dokument beschrieben ist.

Dies entspreche auch dem Geist der Bergpredigt, so der Papst in seiner Predigt. Anders als es die Massstäbe dieser Welt vorgäben, nach denen die Reichen, Mächtigen, Erfolgreichen selig seien und von den Massen bejubelt würden. Er forderte dazu auf, zu «dienen statt bedient zu werden». – Für die Zehntausenden Fremden, vor allem aus Indien oder den Philippinen, die in Arabien als Arbeiter und Bedienstete arbeiten und überall mit den grossformatigen Bildern der örtlichen Emire konfrontiert sind, hört sich das noch einmal anders an.

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geben sich als Förderer und Schützer von Toleranz und Dialog – auch in Abgrenzung zum grossen Nachbarn Saudi-Arabien. So haben die Emirate das Zayed-Sportstadion für die Papstmesse kostenlos zur Verfügung gestellt. In den Emiraten darf jeder Gläubige seine Religion ausüben, viele in offiziellen Kirchen und Tempeln, andere, mangels Platz, in angemieteten Hotelkonferenzräumen. Aber Mission und Seelsorge unter anderen sind verboten. Für Muslime, die ihrer Religion den Rücken kehren, gilt offiziell noch die Todesstrafe.

 

Christen ins Licht gerückt

Mit dem bisher grössten christlichen Gottesdienst auf arabischem Boden wurden die Christen in der islamischen Welt ins Licht der Weltöffentlichkeit gerückt. Mit der von Franziskus und al-Tayyeb unterzeichneten Erklärung haben die katholische Kirche und die höchste Lehrautorität des sunnitischen Islam einen Meilenstein gesetzt, hinter den Christen und Muslime nicht mehr so leicht zurückkönnen.

Roland Juchem, kna/kath.ch