01.10.2020 – Editorial

Fragen zur Junia-Initiative

Wer das kirchliche Leben aus ganz praktischer Optik betrachtet, für den oder die ist es augenfällig: Ohne Frauen ginge in der römisch-katholischen Kirche nicht mehr viel. Das Mitwirken von Frauen in unterschiedlichen Aufgaben und Rollen ist für den kirchlichen Alltag unverzichtbar. Dies hat auch der Basler Weihbischof Denis Theurillat anlässlich einer Firmung erlebt: Vier Frauen hätten auf ihn gewartet. «Kein Mann war da.» Für Theurillat ist es klar: Die Kirche müsse sich mehr um die Frauen kümmern, weil vieles schon heute von den Frauen abhänge.

Was aber heisst «sich kümmern»? Wie wichtig es ist, Begriffe mit konkretem, verbindlichem Inhalt zu füllen, zeigt die Junia-Initiative. Die darin vertretene Idee der sakramentalen Sendung habe Wirbel, Fragen und Schulterzucken ausgelöst, sagte Béatrice Bowald zum Auftakt des Veranstaltungsreigens des Junia-Jahres. Wer sich näher mit der Initiative befasst, kann die Palette der Reaktionen gut nachvollziehen. Was genau heisst «sakramentale Sendung»?

Nach dem ersten Abend mit der Dogmatikerin Eva-Maria Faber haben sich zwei Punkte akzentuiert: Ganz so klar ist es nicht, was die Initiantinnen eigentlich wollen, und sie kommen nicht darum herum, sich zu positionieren. Eine Einordnung sei notwendig, sagte Faber. Im Zentrum steht da natürlich die Frage, wie sich das Anliegen der Junia-Initiantinnen zu den gegebenen Strukturen der Kirche verhält.

Wollen sie ihr Ziel der Teilhabe mit oder ohne Ordination erreichen? Gibt es noch andere Wege? Béatrice Bowald geht davon aus, dass das Vorhaben auf Ebene Weltkirche aussichtslos ist, und sprach von einem dritten Weg, den die Amazonassynode aufgezeigt habe. «Es braucht den Mut der Bischöfe, die sich zusammentun und sagen: Bei uns gehen wir andere Wege.»

Vielleicht hilft dabei eine Umkehr der Betrachtungsweise, wie sie Eva-Maria Faber in ihrem Inputreferat empfahl: Statt von in bestimmter Weise beauftragten Personen auszugehen und dann zu fragen, was ihnen übertragen werden könne, sollte man von Verantwortlichkeiten ausgehen und die entsprechenden Beauftragungen vorsehen. Das bedeutet: Nicht wer ordiniert ist, darf leiten und Sakramente feiern, sondern, umgekehrt, wer Leitungsaufgaben übernimmt und Sakramente feiert, wird dafür ordiniert.

Ausgangspunkt sind also die konkreten Tätigkeiten und Verantwortungen, die jemand ausübt und trägt. Die Sakramente sollten ihren Sitz im Leben haben, dies würde auch der Gefahr einer Überhöhung entgegenwirken, meinte Faber.

Regula Vogt-Kohler