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02.11.2023 – Aktuell

«Es kann der Anfang von etwas Grossem sein»

Myrta Brunner aus Basel traf als Teil einer Gruppe junger Menschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Weltsynode in Rom

Vom 12. bis 16. Oktober hat sich eine Gruppe von jungen Menschen aus den deutschsprachigen Ländern in Rom aufgehalten und mit verschiedenen Teilnehmern/innen der Weltsynode getroffen. Mit dabei: Myrta Brunner aus Basel, Präses von Jungwacht und Blauring Therwil.

Wie kam es dazu, dass Sie an dieser Reise dabei waren?

Myrta Brunner: Die Anfrage kam von den Bundespräsides von Jubla Schweiz an alle Präsides von Jungwacht und Blauring. Mich beschäftigt es, was mit der Kirche passiert, deshalb wollte ich mich der Gruppe anschliessen. An der Romreise nahmen 17 Personen aus den deutschsprachigen Ländern teil, darunter fünf aus der Schweiz. Den Anstoss zur Reise gab die Gruppe DACHS (Deutschland–Österreich–Schweiz–Südtirol), ein Zusammenschluss von Jugendorganisationen aus dem deutschsprachigen Raum, der sich im Zusammenhang mit der Jugendsynode 2018 in Rom gebildet hat.

Mit welchen Zielen reisten Sie an die Synode nach Rom?

Das Motto unserer Reise war «Keine Synodalität ohne junge Menschen!». Wir wussten nicht im Detail, wie das Programm aussehen wird, darum war ich eher offen. Aber ich wollte zeigen: Uns jungen Menschen ist an der Kirche gelegen. Und darin wollte ich mich auch mit anderen vernetzen, um uns zu bestärken.

Die Reisegruppe kann man als eine Lobby der (deutschsprachigen) Jugend an der Synode sehen. Für welche inhaltlichen Anliegen treten Sie ein?

Unsere Lobbyarbeit zielte auf die Sichtbarkeit und den Einbezug von jungen Menschen an der Synode ab. Inhaltlich stehen für mich Themen im Vordergrund wie die Gleichstellung der Frau, ein Überdenken des Zölibats und der Machtstrukturen in der Kirche und die Verhinderung von weiteren Missbräuchen. Die Kirche soll ein sicherer Ort sein und die Diversität der Gesellschaft anerkennen. Alle Menschen sollen in der Kirche willkommen sein, auch queere Menschen.

Waren Sie sich innerhalb der Gruppe über diese Themen einig? Worüber gab es Diskussionen?

Inhaltlich hatten wir eine ähnliche Richtung, aber diese Fragen haben wir nicht vertieft diskutiert. Intensiv gerungen haben wir über die Frage: Reicht diese Synode aus? Braucht sie konkrete Ziele? Wir waren uns einig, dass es ein langer Weg sein wird. Die Synode öffnet einen Spielraum für Veränderungen, aber sie hat bisher kein klares Ziel.

Wie kamen Sie in Kontakt mit Teilnehmern/innen der Synode? Mit wem konnten Sie sprechen?

Es gab ein Treffen mit deutschsprachigen Synodenteilnehmern/innen: Mit der Schweizerin Helena Jeppesen, mit den Bischöfen Georg Bätzing (Limburg, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz), Stefan Oster (Passau), Franz-Josef Overbeck (Essen), Franz Lackner (Salzburg, Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz) und Thomas Söding, Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Vor diesem Austausch mit den Synodalen haben wir gemeinsam eine Messe unter Leitung von Bischof Overbeck gefeiert. Alle standen um den Altar. Für mich ist das ein Zeichen, dass die Synodalen nicht uninteressiert zuhörten, sondern sich darauf eingelassen haben, mit uns zu feiern und auf Augenhöhe zu begegnen.

Gab es neben diesem offiziellen Termin weitere Gespräche?

Ein separates Treffen hatten wir mit Frère Alois, dem Prior von Taizé. Wir trafen auch Personen, die nicht Synodale sind, aber bei der Synode mitarbeiten, und andere nicht stimmberechtigte Gruppen wie #OutInChurch und die Allianz Gleichwürdig Katholisch. Ertragreich waren auch informelle Gespräche mit anderssprachigen Synodenteilnehmern/innen, die wir spontan angesprochen haben.

Was haben all die Gespräche aus Ihrer Sicht gebracht?

Wir hoffen, dass junge Menschen im zweiten Teil der Synode, im Oktober 2024, mehr involviert sein werden, möglichst mit Stimmrecht. Und dass die Synode transparent wird. Heute sind uns der Prozess, die Methode und die Auswahl der Teilnehmenden nicht klar.

Und für Ihre konkreten Anliegen?

Wir haben erkannt, dass es jetzt noch nicht um konkrete Punkte für die Veränderung geht, sondern um die Synodalität. Aber in den informellen Gesprächen kam das schon zur Sprache. Helena Jeppesen und die Bischöfe haben uns gegenüber betont, dass die Themen, die aus der Bevölkerung kommen, an der Synode angesprochen werden und auf dem Tisch sind. Und ich denke, dass der Druck anhalten wird.

Und jetzt: Was erwarten Sie von der Synode in Rom, als realistische Prognose?

Nicht viel Konkretes, vermutlich wird es noch keine Beschlüsse von Massnahmen geben. Aber ich habe das Gefühl, dass etwas in Bewegung kommt, dass es der Anfang von etwas Grossem ist. Den Synodenteilnehmern/innen ist bewusst, dass sie jetzt den Verlauf des zweiten Synodenteils beeinflussen können.

Spürten Sie in den Gesprächen, dass an der Synode die Angst vor einer Kirchenspaltung umgeht?

Das kam zur Sprache. Jemand bemerkte dazu, dass die Spaltung schon stattfindet, in der Form von Kirchenaustritten. Die Synode zeigt auf, wie vielfältig diese Kirche bereits ist. Wenn wir dieser Vielfalt gerecht werden können, müssen wir uns nicht vor einer Spaltung fürchten.

Was bedeutet Ihre Reise an die Synode für Sie persönlich und Ihr Engagement in der Kirche?

Ich möchte mich noch mehr mit der Erneuerung der Kirche auseinandersetzen und mich national und international mit Gruppierungen vernetzen, die sich für Veränderungen einsetzen. Ein konkretes Ziel ist, dass mehr junge Menschen an der Synode teilnehmen. Die Reise hat meine Hoffnung bestätigt, dass etwas in Bewegung ist. Die Öffnung der Bischofssynode für nichtbischöfliche Mitglieder ist ein Schritt. Verschiedene Synodenteilnehmer/innen sagten uns, dass die Runden Tische an der Synode ganz andere Gesprächssituationen bewirken als früher.

Werden Sie im nächsten Oktober wieder nach Rom gehen?

Ich kann mir das vorstellen. Die Gruppe DACHS wird auf jeden Fall dranbleiben. In unserer Gruppe wird die Idee diskutiert, dass wir am zweiten Synodenteil im Oktober 2024 mit weniger Personen gleichzeitig, dafür über längere Zeit in Rom präsent wären. Wir wären auch bereit, an der Synode als stimmberechtigte Mitglieder teilzunehmen. Aber das liegt in der Hand der jetzigen Synodenteilnehmer/innen und des Papstes.

 

Interview: Christian von Arx