Sozialarbeiter Michael Frei in seinem Büro an der Felsenstrasse 16 in Sissach. | © Regula Vogt-Kohler
Sozialarbeiter Michael Frei in seinem Büro an der Felsenstrasse 16 in Sissach. | © Regula Vogt-Kohler
01.06.2023 – Aktuell

Kirchliche Sozialberatung schliesst Lücken im System

Erstes Betriebsjahr des Kirchlichen Regionalen Sozialdienstes im Oberbaselbiet

Niederschwellig, subsidiär – und sehr gefragt: Der Kirchliche Regionale Sozialdienst (KRSD) Frenkendorf-Füllinsdorf, Gelterkinden und Sissach hat sich im ersten Betriebsjahr etabliert. «Mit 380 Beratungen ist der KRSD gut ausgelastet», sagt Sozialarbeiter Michael Frei im Gespräch mit «Kirche heute».

Bei bescheidenen Einnahmen braucht es nicht viel, bis das Budget nicht mehr aufgeht. Wer eh schon jeden Rappen umdrehen muss, den bringt allein die Inflation ins Schleudern. Kommen noch Einkommenseinbussen hinzu, steckt man schnell in einem finanziellen Engpass. Viele der Menschen, die sich beim Kirchlichen Regionalen Sozialdienst Frenkendorf-Füllinsdorf, Gelterkinden und Sissach melden, sind Working Poor, die krank werden oder einen Unfall haben.

«Ich versuche, sie über Wasser zu halten», sagt Sozialarbeiter Michael Frei. «Gemeinsam schauen wir, dass sie nicht abrutschen.» Ein Mittel dazu ist die KulturLegi. Sie steht auch für Personen zur Verfügung, die keine öffentlichen Unterstützungsgelder beziehen, deren Einkommen aber nachweislich am Existenzminimum liegt.

Die meisten kommen erst spät. «Die Leute warten, bis es nicht mehr geht, und dann suchen sie Unterstützung.» Der KRSD sei subsidiär, betont Frei. Subsidiarität bedeutet konkret, dass der KRSD keine Leistungen übernimmt, welche der Staat oder Sozialversicherungen erbringen müssen. «Wo Leistungen möglich sind, versuche ich, diese anzuzapfen», sagt Frei.

Es habe sich gezeigt, dass der KRSD Lücken im System schliesse, welche die Allgemeinheit kaum wahrnehme, heisst es im Jahresbericht zum ersten Betriebsjahr. Unter anderem ging es gemäss Bericht um finanzielle Engpässe aufgrund von Kurzarbeit, Trennung, Übergangsphase nach Arbeitsplatzverlust bis zum Bezug von Arbeitslosengeldern oder Einkommen an der Grenze zum Existenzminimum. Auch unerwartete Rechnungen oder Angst um den Aufenthaltsstatus bei Verlust des Arbeitsplatzes seien wiederkehrende Themen gewesen.

Eine Stelle zum Abladen

«Ich bin auch eine Stelle zum Abladen», erzählt Frei. Menschen mit grossen Problemen, die verzweifelt sind, brauchen nicht nur Informationen, sondern auch eine psychosoziale Beratung. «Für diese Menschen ist es wichtig, dass jemand überhaupt zuhört und sie ernst nimmt. Meistens bringt es schon etwas, darüber reden zu können.» Der grosse Vorteil des KRSD sei, dass er extrem niederschwellig sei.

Warum melden sich die Leute erst spät? Armut sei mit Scham behaftet, sagt Frei. Das aufzuzeigen, ist Ziel des Armutsrundgangs «UnSichtbar». Grundlage sind Biografien aus dem Beratungsalltag. Es sind Lebensgeschichten, die zeigen, dass Armut jeden und jede treffen kann. Das Spektrum reiche von «sehr gutverdienend» bis «war schon immer so», sagt Frei.

Positive Reaktionen

Zu den Aufgaben von Michael Frei gehören neben der Beratung auch Vernetzung und Projektarbeit. Der KRSD tauscht sich regelmässig mit den grösseren Sozialdiensten aus und hat sich bei verschiedenen Fachstellen, Vereinen und sozialen Gruppen vorgestellt. Frei nahm auch an Gottesdiensten und Pfarreifesten teil. In der Projektarbeit ist die Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit ein Schwerpunkt.

So haben Freiwillige Schokoladetafeln aus dem Caritasmarkt mit einer Banderole, die auf den Lieferdienst der Caritas und den KRSD hinweist, verteilt. Die Reaktionen auf diese Aktionen seien sehr positiv ausgefallen, berichtet Michael Frei. Für die Kirche sei das diakonische Engagement in Form des KRSD ein Statement nach aussen. Dass der Kirche auch ein negatives Image anhaftet, habe sich nicht ausgewirkt. Der Vorteil sei dabei, dass die Caritas beider Basel, welche den KRSD im Auftrag der Kirchgemeinden führt, eine externe Institution sei, meint Frei.

Regula Vogt-Kohler

 

Beratung ohne Anmeldung in Füllinsdorf, Gelterkinden und Sissach

Pfarrei Dreikönig Frenkendorf-Füllinsdorf: Mühlemattstrasse 5, 4414 Füllinsdorf; Dienstag, 9 – 11:30 Uhr

Pfarrei Maria Mittlerin Gelterkinden: Brühlgasse 7, 4460 Gelterkinden; Freitag, 9 – 11:30 Uhr

Pfarrei Sankt Josef Sissach: Felsenstrasse 16, 4450 Sissach; Mittwoch, 13:30 – 16 Uhr

 

Beratungen nach Absprache

Termin vereinbaren (telefonisch oder via E-Mail)
076 261 31 25

mfrei@caritas-beider-basel.ch