Diese Bäuerinnen und Bauern sind Mitglieder einer auf Anregung von Fastenopfer initiierten 
Solidaritätsgruppe. Sie bepflanzen ein Gemeinschaftsfeld mit Saatgut einer alten Reissorte. | © Madlaina Lippuner/Fastenopfer
Diese Bäuerinnen und Bauern sind Mitglieder einer auf Anregung von Fastenopfer initiierten Solidaritätsgruppe. Sie bepflanzen ein Gemeinschaftsfeld mit Saatgut einer alten Reissorte. | © Madlaina Lippuner/Fastenopfer
20.02.2020 – Aktuell

Ein Reisfeld auf den Sand gebaut

Kleinbauern bepflanzen Feld mit Saatgut alter Sorte

Im Dorf Ambalakida in Madagaskar liess sich kein geeigneter Ort für ein zusätzliches Reisfeld finden. Deshalb entschloss sich eine Gruppe von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu etwas Ungewöhnlichem: Sie bauten ein Reisfeld mitten auf Sand. Dieser Anbau ist auch ein Akt des Widerstandes.

 

Gut 30 Männer und Frauen stehen Seite an Seite gebückt und kauernd auf dem Feld und setzen Jungpflänzchen in die Erde. Es ist fruchtbare Erde, die sie auf den Sand geschüttet haben. Nur wenige Meter neben dem Feld fliesst ein Fluss vorbei.

Die Bäuerinnen und Bauern, die hier arbeiten, sind Mitglieder einer Solidaritätsgruppe – initiiert und begleitet auf Anregung von Fastenopfer. Das Konzept der Solidaritätsgruppe ist denkbar einfach: Die Mitglieder helfen sich gegenseitig mit zinslosen Darlehen in Notsituationen aus. Und letztere gibt es immer wieder, erst recht, wenn es eh schon am Nötigsten mangelt: Bereits ein Krankheitsfall in der Familie oder eine insektenbefallene Ernte führt viele in die Schuldenfalle und somit weiter in die Armut. Auch die Ausbildung der Kinder kostet.

Kredite bei lokalen Geldgeberinnen und Geldgebern aufzunehmen ist teuer, Zinsen können bis zu 300 Prozent betragen. «Dank der Solidaritätsgruppe kann ich mich nun gegen Wucherzinsen schützen», sagt die Bäuerin Victorine Mahalefitra. «Wir konnten unsere Kinder einschulen», sagt Bauer Torosoa Ma­nankery und lächelt. Seine Tochter Nomenjanahary Tsa­rafidy möchte Hebamme werden, und die 12-Jährige fügt an: «Als Hebamme kann ich meinem Dorf wirklich helfen.»

Zusammen legen die Bäuerinnen und Bauern auch weitere Felder an, zusätzlich zu den eigenen. So können sie mehr und vielfältiger produzieren, zusätzliches Gemüse verkaufen. Das Reisfeld auf dem Sandstück ist eines dieser Gemeinschaftsfelder.

Weil das fruchtbare Land in der Umgebung schon von eigenen Feldern bebaut sei und Wasser hier reichlich vorkomme, habe man sich für diesen Standort entschieden. Ein Test im letzten Jahr auf einem kleineren Abschnitt habe sehr gut funktioniert, erzählt Lalaina Ramaromitanarison. Sie wird von Fastenopfer finanziert und begleitet die Gruppe mit ihrem Wissen zu agrarökologischer Landwirtschaft.

Das Reisfeld ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: Wo es gepflanzt wurde. Wer es bewirtschaftet. Aber auch, was darauf angebaut wird. Die Bäuerinnen und Bauern pflanzen Setzlinge der Sorte «Taia». Diese ist mittlerweile selten geworden in Madagaskar, nicht zuletzt auch, weil China den Markt mit gentechnisch veränderten Sorten beliefert. Das modifizierte Saatgut lässt sich allerdings nicht vervielfältigen, muss im Folgejahr neu gekauft werden. Und es ist anfälliger auf Schädlinge, die Landarbeitenden müssen zusätzlich chemische Pestizide kaufen.

So ist dieses Reisfeld dazu gedacht, Saatgut dieser alten Sorte zu vermehren. Taia ist resistenter und führt mit biologischen Insektenschutzmitteln zu guten Erträgen, das Saatgut kann auch in den weiteren Jahren wiederverwendet werden. Und letztlich bietet es den Bäuerinnen und Bauern die Möglichkeit, auch in dieser Hinsicht unabhängig zu sein.

Madlaina Lippuner, Fastenopfer