Inés Pérez beschäftigt sich als Koordinatorin von Fastenaktion Guatemala mit den grossen Herausforderungen durch die Klimaerwärmung. | © Fastenaktion 2024
Inés Pérez beschäftigt sich als Koordinatorin von Fastenaktion Guatemala mit den grossen Herausforderungen durch die Klimaerwärmung. | © Fastenaktion 2024
08.02.2024 – Hintergrund

Ein Leben in Würde für die Indigenen

Inés Pérez kämpft seit Jahrzehnten gegen Diskriminierung und Rassismus in ihrer Heimat – und erlebt derzeit eine Phase der Hoffnung. Die Koordinatorin von Fastenaktion in Guatemala ist während der Ökumenischen Kampagne zu Gast in der Schweiz und freut sich auf den Austausch zum gemeinsamen Handeln für mehr Klimagerechtigkeit.

„Mein Traum war es immer, etwas zu tun, mit dem ich meinem Volk helfen kann, ein Leben in Würde zu führen“, sagt Inés Pérez. Die heute 65-Jährige koordiniert bereits seit 2007 das Landesprogramm von Fastenaktion in Guatemala. Davor arbeitete sie für kurze Zeit als Primarlehrerin und in der Erwachsenenbildung, insbesondere von Frauen. Zudem war sie auch bei der staatlichen Katastrophenhilfe tätig. „Das war zwar eine Position mit Verantwortung und Macht, aber der Staat in Guatemala ist zutiefst korrupt, und ich wollte nicht mehr länger Teil dieses Systems sein.“ Drei Jahre lang habe sie um eine bessere, passendere Arbeit gebetet – und diese dann bei Fastenaktion gefunden. Das Besondere an Fastenaktion sei die grosse Offenheit, mit kulturell unterschiedlichen Ansätzen aus der lokalen Bevölkerung zu arbeiten. „Recht auf Nahrung fängt für uns Indigene beim Land an, mit dem wir spirituell verbunden sind; es ist ein entscheidender Teil unserer Identität.“ Bei Fastenaktion sind deshalb nicht nur Landrechte Ansatz des Programms, sondern auch das Recht auf Identität der indigenen Völker. Beide sind Voraussetzungen, um den Hunger zu besiegen.

Glaube gibt Kraft, für Veränderungen zu kämpfen

Spiritualität spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, weshalb Pérez in den 1990er-Jahren auch noch Theologie studiert hat. „Ursprünglich, weil ich verstehen wollte, weshalb unsere indigene Spiritualität immer verteufelt wurde. Aber dann realisierte ich, dass es nicht nur das eine oder das andere gibt, sondern dass ein Dialog zwischen verschiedenen Spiritualitäten möglich ist.“ Für diesen setzt sie sich seither unermüdlich ein. „Aus meiner Sicht ist der persönliche Glaube, egal welcher, entscheidend: Er gibt den Menschen die Kraft, sich für Veränderungen einzusetzen.“ Und tatsächlich gibt es inzwischen Fortschritte: Die Ernährungssicherheit und rechtliche Landsituation der indigenen Gemeinschaften hat sich verbessert, nicht zuletzt, weil die Partner von Fastenaktion für ihren täglich Einsatz Kraft aus ihrer Identität schöpfen. Auch politisch bewegt sich etwas, seit Bernardo Arévalo im August 2023 überraschend zum Präsidenten gewählt worden ist. Der Sozialdemokrat ist ein Hoffnungsträger für alle progressiven Kräfte im Land.

Hoffnung für ein besseres Guatemala

„500 Jahre lang haben wir Indigenen nichts anderes erlebt als Diskriminierung, Ausschluss und Tod. Nun zeichnet sich endlich, endlich eine Besserung ab, und das ist unglaublich schön und befriedigend“, erklärt Pérez.  Und natürlich sorgt sie sich, dass das alles nur eine Phase ist, zu zerbrechlich, um sich längerfristig durchzusetzen. „Aber ich glaube an ein besseres Guatemala, auch wenn noch sehr viel Arbeit vor uns liegt.“ Umso dankbarer ist sie für die Unterstützung von Fastenaktion und aus der Schweiz. Sie freut sich auf den Austausch mit den Menschen hier während ihres Besuchs für die Ökumenische Kampagne vom 23. Februar bis 11. März. Im Zentrum sollen dabei die grossen Herausforderungen durch die Klimaerwärmung stehen. Diese erschweren zum Beispiel den Anbau des Grundnahrungsmittels Mais – in einigen Regionen Guatemalas könnte dieser künftig gar nicht mehr wachsen. „Wir alle haben es in der Hand, etwas zu tun, um diese Veränderungen zu bremsen“, sagt Inés Pérez. „Und vielleicht kann ich die Menschen in der Schweiz inspirieren, wenn ich erzähle, wie wir Indigenen mit unserer Mutter Erde umgehen.“

Ralf Kaminski