Im Basler Petersschulhaus malten Schüler und Schülerinnen im Religionsunterricht 220 Bilder für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegezentren. | zVg
Im Basler Petersschulhaus malten Schüler und Schülerinnen im Religionsunterricht 220 Bilder für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegezentren. | zVg
28.05.2020 – Aktuell

Ein Hampelmann zur Begrüssung

Mit der Öffnung der Schulen hat auch der Religionsunterricht wieder begonnen

Seit dem 11. Mai gehen die Kinder der obligatorischen Schulen wieder im Schulhaus und nicht mehr zu Hause in den Unterricht. Die Wiedersehensfreude sei riesig gewesen, berichtet Religionslehrer Martin Schwitter, der an vier Standorten Kinder aller Altersklassen unterrichtet.

Das Coronavirus hat den Schülerinnen und Schülern einen mehrwöchigen Ausnahmezustand beschert. Schule und Freizeit – alles fand fast ausschliesslich zu Hause und im Kreis der Familie statt. Die ständige Anwesenheit von Eltern und Geschwistern und die Unmöglichkeit, sich mit Kollegen und Kolleginnen zu treffen, seien als negative Begleiterscheinungen des Lockdowns genannt worden, erzählt Religionslehrer Martin Schwitter, der an verschiedenen Schulstandorten in der Region Buben und Mädchen der ersten bis dritten, der fünften und der achten Klasse unterrichtet. Er hat seine Schülerinnen und Schüler aber nicht nur nach den lästigen, sondern auch nach den positiven Aspekten gefragt.

Auf die Schule gefreut

Gefallen hat den Kindern neben dem Mehr an freier Zeit insbesondere das schöne Wetter, das es erlaubte, sich auf der Terrasse in der Sonne mit den Arbeitsblättern zu befassen. Cool fanden die Schülerinnen und Schüler auch das Ausschlafen. Bedeutet das, dass die Buben und Mädchen sich schwer taten mit der Umstellung und sich eher widerwillig in der Frühe wieder in die Schule schleppten? Nein, gar nicht, meint Schwitter. «Die waren alle voll begierig darauf, wieder in die Schule kommen zu können.» Und das gelte auch für ihn selbst. Er sei nicht so der typische Religionslehrer, sondern eher der Showman, und er diskutiere auch gerne mit den Klassen. Dies habe ihm während des Lockdowns gefehlt. Das Posten von Arbeitsblättern und Videos war dafür kein Ersatz.

«Die Schüler und Schülerinnen hatten eine Riesenfreude, mich wiederzusehen», sagt er. Und weil nun auch im Schulalltag Distanz angesagt ist, hätten sie ihn mit einem Hampelmann begrüsst, als er sie auf dem Pausenplatz abgeholt habe.

Alltag mit Corona

Mit den allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln und den je nach Schule unterschiedlichen Schutzkonzepten setzte Corona den äusseren Rahmen für die Wiederaufnahme des Unterrichts. Inhaltlich spielte es jedoch nur eine kleine Rolle. Sie habe Corona nicht von sich aus thematisiert, sagt Religionspädagogin Esther Sartoretti. Sie ist Verantwortliche für den Religionsunterricht an den Primarschulen im Seelsorgeverband Angenstein und erteilt selbst Religionsunterricht in der Unterstufe (1. bis 3. Primarklasse). Sie habe die Kinder zu Beginn gefragt, ob sie etwas erzählen möchten, doch das Bedürfnis dafür sei nicht gross gewesen. Vielleicht habe das auch damit zu tun, dass sie erst am Donnerstag in der ersten Schulwoche wieder unterrichtet habe, und das Thema Corona bereits im allgemeinen Unterricht abgehakt worden sei.

Niggi Kümmerli, der Mittelstufenklassen (3. bis 6.) in Therwil und Oberwil unterrichtet und seine ersten Lektionen am ersten Tag erteilte, erlebte Ähnliches. Die Kinder hätten nicht von sich aus über die schulfreie Zeit erzählt, sondern nur dann, wenn er sie gefragt habe. Sie hätten dies relativ zügig und konzentriert getan. Corona dauere nun schon so lange, dass es sich in den Alltag eingeschlichen habe, meint Kümmerli. Was den Alltag in der Schule betrifft, sei es darum gegangen, den Lehrstoff den noch bis zu den Sommerferien verbleibenden Unterrichtsstunden anzupassen.

220 Bilder für Betagte

Ebenfalls am allerersten Tag gestartet ist Heike Ratz im Basler Petersschulhaus. Die Buben und Mädchen seien gerne und unbeschwert wieder in den Unterricht gekommen, sagt auch sie. Als die Kinder beim Einstieg in die Lektion vom Muttertag und den wegen Corona abwesenden Grosseltern erzählten, sei deutlich geworden, dass ältere Personen von der Situation in besonderem Masse betroffen sind. «Wir haben dann den Fokus umgelegt auf andere», sagte Ratz. Das Ergebnis der Aktion «Ich denke an dich»: Die Kinder malten 220 Bilder für betagte Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegezentren der Adullam-Stiftung in Basel und Riehen.

Alle, vom Erst- bis zum Sechstklässler, seien mit grosser Motivation ans Werk gegangen, berichtet Ratz. Die Religionslehrerin war beeindruckt von der Dankbarkeit, welche die Kinder gezeigt hätten. Dankbarkeit dafür, dass es ihnen selbst gut gehe. Den Schülerinnen und Schülern habe es auch gut getan, aus der Geberposition aktiv etwas machen zu können. «Sie haben auch keine Ängste.»

Gemalt haben auch die Schülerinnen und Schüler von Martin Schwitter. Bereits in der Lockdownphase hätten sie Zeichnungen und Briefe an Seniorinnen und Senioren verschickt, erzählt er.

Im Team zusammengewachsen

Im Gespräch mit «Kirche heute» weist Schwitter spontan auf einen positiven Nebeneffekt der Coronakrise hin. Als Religionslehrer fühle er sich nun besser ins Team der Lehrkräfte aufgenommen. «Wir wurden eingebunden», sagt er. «Wir werden wahrgenommen als Teamler und nicht als externe Fachlehrer.» Die Coronakrise habe zur Zusammenarbeit gezwungen, und unter diesem Druck sei man im Team zusammengewachsen.

Regula Vogt-Kohler