Teilnehmerinnen des interreligiösen Youth Camps im Atelier Kreativwerkstatt Solothurn. | © Esther R. Suter
Teilnehmerinnen des interreligiösen Youth Camps im Atelier Kreativwerkstatt Solothurn. | © Esther R. Suter
15.08.2019 – Aktuell

Ein gemeinsames Heim gestaltet

Interreligiöses Jugendlager zu «Religion und Kunst»

Vom 22. Juli bis 4. August fand in Solothurn ein erstes interreligiöses Youth Camp für junge Frauen zu «Religion und Kunst» statt. Die dabei entstandenen Schriftbilder zum Thema «Frieden» wurden anschliessend im Zwinglihaus in Basel gezeigt.

Für die zwölf jungen Frauen von 18 bis 30 Jahren bildete die Vernissage der Ausstellung «Religion und Kunst» einen Höhepunkt. Sie stellten am 2. August im reformierten Zwinglihaus in Basel ihre Werke vor. Während zwei Wochen hatten sie im erstmals durchgeführten interreligiösen «Youth Camp» in Solothurn zusammen gelebt, gemalt, gekocht, Programm und Freizeit mitgestaltet und von drei Experten/innen in Kunst und Religion Anregungen aus dem Christentum, Judentum und Islam zum Thema «Frieden» erhalten.

Einige Spanierinnen sind zum ersten Mal durch Teilnehmerinnen aus Iran und Afghanistan hautnah mit Fluchtsituationen konfrontiert worden. Zoya (Iran) verarbeitet ihre traumatischen Erlebnisse im künstlerischen Gestalten, um in der Schweiz ein inneres Gleichgewicht zu finden. Die 18-jährige Lorena aus Genf fragte sich, was ihre Herkunft ausmacht. Für eines ihrer Bilder fand sie die Worte «cuius origo est». In einem nächtlichen Spiel im Pfadiheim sagte sie zur Frage «Was ist für dich am meisten ungerecht?»: «Der Ort, wo ich geboren wurde. Den können wir nicht wählen, das ist einfach Glück und das ist ungerecht.»

Erfahrung von Gemeinschaft

Die jüdische Künstlerin Ruth Herzka (Basel) eröffnete die Vernissage mit einem Schabbathsegen zum Challot, dem Schabbatbrot, das gemeinsam im Camp gebacken wurde. Dann bestritten die Frauen mit Liedern und eigens gestalteten Texten in vier Sprachen das Programm.
Laura (Spanien) erinnerte an die weisen Worte von Frère Marc «less is more» – eher mal etwas wegzulassen. Sie hätten zusammen in nur zwei Wochen ein «Heim» gestaltet, indem sie füreinander schauten und sensibilisiert wurden. Die Erfahrung von Gemeinschaft ist einhellig: Sie hätten alles an- und ausgesprochen, einander unterstützt und ermutigt.

Die schiitische Flüchtlingsfrau Mahboubah aus Afghanistan betete gemeinsam mit der sunnitischen Muslima Karima (Schweiz, mit algerischen Wurzeln) im Pfadiheim. Als die Islamwissenschaftlerin Sozan Mohebbi aus Afghanistan islamische Mystik vorstellte, erzählte Mahboubah von ihrer Heimat.

Carla (Spanien) betonte, dass alle Teilnehmerinnen alles miteinander teilten: viele Gefühle, wie es unter Frauen üblich ist, wenn sie sich ohne Angst öffnen und sich verwundbar zeigen können, und wenn die Gruppe alles auffängt, was sie bringen: «Das geschieht nicht oft in der Gesellschaft.» Carla ist Lehrerin für Spanisch und Englisch und hatte ein Jahr in Schanghai (China) Spanisch unterrichtet.

Über 100 Bilder auf Leinwand

In der Kreativwerkstatt der Kunstschaffenden und Mitorganisatorin Gabriella Affolter (Solothurn) gestalteten die Frauen über 100 Bilder auf Leinwand im Format 20 × 20 cm. An der Vernissage entschieden sie auf Anfrage einer Besucherin, einige ihrer Bilder zu verkaufen und den Erlös an die iranische Flüchtlingsfrau Zoya zu übergeben.

Esther R. Suter, Theologin und Fachjournalistin, ist Präsidentin der Swiss Interfaith Women und Programmverantwortliche des Youth Camp.