Jürg Meier vor der Galluspforte des Basler Münsters. | © Leonie Wollensack
Jürg Meier vor der Galluspforte des Basler Münsters. | © Leonie Wollensack
19.10.2023 – Aktuell

Dr Bebbi het jetz si äigeni Bììble

Jürg Meier, Bibelliebhaber und Basler-Mundart-Begeisterter, hat das ganze Neue Testament in seine Muttersprache übersetzt

Die Bibel jedem Menschen in der Sprache seines Herzens und zu einem erschwinglichen Preis anbieten – diese Vision hat Jürg Meier aus Ettingen umgesetzt. Nachdem er 2016 bereits die Evangelien auf Baseldeutsch übersetzt hatte, legt er nun mit «Ìm Bebbi si Bììble» das gesamte Neue Testament vor.

 

Die Gleerten us em Oriänt

Dr Jesus ìsch ìn Bethlehem geboore woorden, ìn Judäa zur Zit vom Köönig Herodes. Stäärndütter us em Oschte sìn nach Jerusalem koo.

Si frooge: «Woo ìsch dr Köönig vo de Juude, wo grad eerscht uf d Wält koo ìsch? Mr hänn si Stäärn ìm Oschte gsee. Jetz sìmmer doo, as mr en aabätte könne.»

Wo dr Köönig Herodes daas ghöört het, ìsch er gruusig verschroggen und mìd ììm ganz Jerusalem.

Der Text klingt bekannt? Richtig, es handelt sich um einen Teil der Weihnachtserzählung aus dem Matthäusevangelium (Mt 2,1–3). So tönt sie auf Baseldeutsch, der Sprache des Herzens für alle Bebbis. Der Dialekt, mit dem ein Mensch von seiner jüngsten Kindheit an aufwächst, ist auch der, der ihn emotional am meisten berührt. Ausserdem ist Jürg Meier überzeugt, dass die Bibel auf Baseldeutsch auch moderner und spritziger klingt. «Die anderen Übersetzungen holen die Menschen mit ihrer Sprache und ihren Formulierungen manchmal nicht mehr in ihrer Lebenswelt ab. Nach der Veröffentlichung der Evangelien habe ich von den Leuten die Rückmeldung bekommen: ‹Mit dieser Übersetzung macht das Bibellesen richtig Spass›», freut sich Meier.

Der Weg zu einer neuen Übersetzung

Grundlage für seine Übersetzung war die Basisbibel. Verschiedenste weitere Übersetzungen wie die Lutherbibel, die Einheitsübersetzung oder die altgriechisch-deutsche Interlinearübersetzung kamen ebenfalls zum Einsatz. Doch Meier, ganz Wissenschaftler, konsultierte darüber hinaus auch Werke, die sich mit der Übersetzungsgeschichte, mit Hinweisen über die Urtexte und die Rückführung von Sprachbildern auf die aramäische Sprache befassten. Diese sorgfältige Recherche schlägt sich in den Anmerkungen nieder, die sich in der baseldeutschen Bibel finden und den Leserinnen und Lesern helfen, den Text in seinem historischen Kontext zu versehen und auf ihre heutige Lebenswelt zu übertragen.

Baseldütsch – aber welches?

In seiner Einleitung macht Meier klar: «Ich schreibe das Baseldeutsch so, wie ich es spreche.» Allerdings lebt Mundart – wie der Name schon sagt – davon, dass sie gesprochen wird. Bei der Verschriftlichung stellte sich für Meier somit die Frage, welche Schreibnorm er seiner Übersetzung zugrunde legen sollte.

Die Frage nach der Schreibweise ist beim Baseldeutsch vor allem von Bedeutung, wenn es um die Schreibweise des offenen und des geschlossenen «i» geht. Das geschlossene wurde früher mit einem y, das offene mit einem i geschrieben. Da es aber einige Ausnahmen gab, kam es häufig zu Fehlern, weshalb Meier beschlossen hat, sich an der Schreibweise des Neuen Baseldeutsch-Wörterbuchs des Christoph-Merian-Verlags zu orientieren.

«Ich habe am Anfang meiner Arbeit eine Schreibweise festgelegt und diese dann konsequent angewendet. Ich bin dann so vorgegangen, dass ich einen Textabschnitt auf Baseldeutsch formuliert habe und ihn anschliessend verschiedenen Spezialisten, die sich sehr gut mit dem Baseldeutsch auskennen, zugesendet und um ihre Rückmeldung gebeten habe», berichtet Meier. «Das Übertragen der Texte ins Baseldeutsch hat mir sehr viel Freude bereitet, über manche Formulierungen musste ich aber regelrecht hirnen.»

So findet sich beispielsweise an mehreren Stellen im Neuen Testament der Ausdruck «Heulen und Zähneklappern». «Das sagt man in Baseldeutsch einfach nicht so», erklärt Meier. «Ich habe eine Weile überlegt und dann kam mir ein schöner baseldeutscher Ausdruck in den Sinn: ‹Er het de Datteri.› Eine Formulierung, die authentisch genau das ausdrückt.»

Das Werk nimmt Gestalt an

Neben dem Text stellt auch die Illustration der Bibelübersetzung einen Bezug zur Stadt Basel her. Sowohl auf dem Cover als auch in der Bibel, als Titelbilder der verschiedenen Bücher, finden sich Fotos des Basler Münsters. Die Galluspforte beispielsweise lieferte einige Skulpturenbilder. Hier finden sich unter anderem die vier Evangelisten. «Das Basler Münster ist einfach eine tolle Kirche und zudem ein Wahrzeichen der Stadt. Wenn sich jemand das Buch kauft und darin das Bild eines Evangelisten sieht, dann geht sie oder er vielleicht auch mal vorbei und schaut sich das vor Ort an», so Meier.

Auf die Frage, für wen die Bibelübersetzung gemacht sei, und wie sie genutzt werden kann, hat Meier eine klare Antwort: «Mit dieser Bibel kann man alles machen, was man mit jeder anderen Bibel auch machen kann.» Der Basler Pastoralraumpfarrer Stefan Kemmler erklärt, dass in der katholischen Liturgie grundsätzlich die Einheitsübersetzung verwendet wird, andere Übersetzungen wie «Ìm Bebbi si Bììbble» aber hilfreich sind, um über den biblischen Text nachzudenken und weitere Aspekte zu entdecken. Sie haben ihren Platz für ihn vor allem in der persönlichen Lektüre, im Bibelstudium, in der Katechese oder bei der Auslegung biblischer Texte.

Festhalten kann man auf jeden Fall eines: Ein Bibeltext in der Sprache ihres Herzens kommt bei den Leserinnen und Lesern super an.

Leonie Wollensack