Die Anrufe bei «malreden» sind kostenlos, Anonymität ist gewährleistet. | ©Sabine van Erp/Pixabay
Die Anrufe bei «malreden» sind kostenlos, Anonymität ist gewährleistet. | ©Sabine van Erp/Pixabay
14.12.2023 – Hintergrund

«Das ist das beste Medikament»

Hotline für gesprächsbedürftige ältere Menschen

Die Advents- und Weihnachtszeit ist für viele ein Aufsteller in den dunklen Monaten des Jahres. Gerade für ältere, alleinstehende Menschen kann sie aber ein Gefühl der Einsamkeit hervorrufen oder den Verlust des Partners, der Partnerin umso mehr verstärken. Dann hätten sie gerne jemanden zum Reden. Für diesen Fall gibt es das Angebot «malreden».

Zwei bis drei Mal täglich besucht Peter von Ballmoos das Grab seiner Frau – auch wenn es nur für ein paar Minuten ist. Er streichelt kurz den Grabstein und entfernt welke Blätter vom Grab. Am 24. November jährt sich der Todestag seiner Frau zum vierten Mal. Der 82-Jährige strotzt vor Energie und ist in vielen Vereinen aktiv. Er ist Büchernarr, kunstinteressiert und kehrte kürzlich von einer mehrtätigen Reise nach Dresden zurück, wo er wohl schon 50-mal war. Peter von Ballmoos vermisst seine Frau sehr, auch wenn er sich nicht einsam fühlt.

Bedürfnis nach Gespräch

«Nach dem Tod meiner Frau brauchte ich Kraft, um diesen Verlust zu verarbeiten», erzählt er. Trost gab ihm sein Glaube und auch sein toller Freundes- und Bekanntenkreis. Aber er konnte nicht mit allen Menschen immer wieder über den Verlust seiner Frau reden. So wurde er auf das Angebot von «malreden» verwiesen. Seither erhält er wöchentlich einen Anruf von immer derselben freiwilligen Mitarbeiterin von «malreden» – seit etwa zwei Jahren.

Seit April 2021 ist die Hotline aufgeschaltet – täglich von 9 bis 20 Uhr. Es sind Freiwillige, die sich während drei bis sechs Stunden pro Woche für die Hotline zur Verfügung stellen oder einmal in der Woche einen Tandem-Gesprächspartner anrufen. Die Anrufe sind kostenlos, Anonymität ist gewährleistet. «Das Ziel eines Gespräches ist es, den Anrufenden die Möglichkeit zum Reden zu geben, sie im Gespräch zu begleiten, einen positiven Beziehungsmoment zu ermöglichen», erläutert Eve Bino, Co-Geschäftsleiterin von «malreden». Sie weist darauf hin, dass sich in der Schweiz fast ein Drittel der Senioren/innen manchmal bis häufig einsam fühlt. Das niederschwellige Angebot «malreden» soll diese Senioren/innen ermuntern, einen ersten Schritt zu machen zur Kontaktaufnahme.

Dankbar fürs eigene Leben

Sophie L. (Name der Redaktion bekannt) leistet pro Woche drei Stunden Dienst für die Hotline von «malreden». Einmal im Monat auch an einem Samstag oder Sonntag. Sie ist dankbar für ihr Leben, deshalb möchte sie der Gesellschaft etwas zurückgeben. Seit einem halben Jahr führt sie mit Menschen, die anonym anrufen, Gespräche. Gemeinsam ist den meisten Anrufenden, dass sie einsam sind und allein leben. Es hat darunter auch einige Menschen, die krank sind und bedauern, dass sie dieses oder jenes nicht mehr tun können. Sophie L. bedeutet ihre Arbeit bei der Hotline sehr viel. Sie freut sich jedes Mal auf ihren Dienst. «Ich nehme am Leben dieser Menschen teil und habe sie gern.»

Passendes Tandem

Peter von Ballmoos erzählt, dass seine Tandem-Gesprächspartnerin öfter sage, sie lerne immer wieder etwas dazu im Gespräch mit ihm. Um Frustrationen beim Angebot des Tandems vorzubeugen, kümmert sich eine Koordinatorin um das Zusammenführen zweier Menschen. Sie führt mit der Person, die ein Gespräch auf regelmässiger Basis wünscht, ein Vorgespräch. Darin möchte die Koordinatorin die Person kennenlernen und herausfinden, worum es dieser geht mit den regelmässigen Tandem-Gesprächen und welche Interessen sie hat.

Peter von Ballmoos empfiehlt «malreden» allen Menschen, die reden wollen. «Das sind tolle, freundliche Leute. Mein wöchentliches Tandem-Gespräch ist das beste Medikament für meinen Seelenfrieden.»

Béatrice Eigenmann

 

Gekürzte Fassung; der vollständige Beitrag ist erschienen in Ausgabe 22 von «forumKirche», dem Pfarreiblatt der Bistumskantone Schaffhausen und Thurgau.