Medienkonferenz zur Präsentation des Arbeitsdokumentes für die Weltsynode mit (v.l.) Nadia Coppa, Helena Jeppesen, Mario Grech, Jean-Claude Hollerich und Giacomo Costa. | © Screenshot Youtube
Medienkonferenz zur Präsentation des Arbeitsdokumentes für die Weltsynode mit (v.l.) Nadia Coppa, Helena Jeppesen, Mario Grech, Jean-Claude Hollerich und Giacomo Costa. | © Screenshot Youtube
29.06.2023 – Aktuell

Viele Fragen gehen nach Rom

Der Vatikan legt das Arbeitspapier für die Bischofssynode im Oktober 2023 vor

Mit welchen konkreten Themen wird sich die 16. Generalversammlung der Bischofssynode beschäftigen? Das am 20. Juni vorgestellte Arbeitsdokument beantwortet diese Frage mit einem umfangreichen Fragenkatalog. Dabei geht es auch um die Rolle der Frau und den Spielraum für Vielfalt.

Die in den Abschlussdokumenten der kontinentalen Versammlungen genannten «heissen Eisen» tauchen auch im Arbeitspapier, dem sogenannten Instrumentum laboris (IL), für die erste Synodensitzung im Oktober 2023 auf. So heisst es zur Teilhabe von Frauen: «Alle Kontinentalversammlungen rufen trotz unterschiedlichen Perspektiven der einzelnen Kontinente … dazu auf, der Erfahrung, dem Status und der Rolle von Frauen Aufmerksamkeit zu schenken.» Gestützt darauf legt das IL eine Reihe von Fragen vor. So soll die Synode unter anderem prüfen, ob und in welcher Form das Frauendiakonat möglich sei.

Dieses Beispiel illustriert, dass das IL die Anliegen der Anhörungsphase nicht in Form von Schlussfolgerungen und/oder Zielen übernimmt, sondern als Fragestellungen an die Adresse der Synode. Deren Aufgabe sei es, die Unterscheidung vorzunehmen, um konkrete Schritte für ein weiteres Wachsen als synodale Kirche zu erkennen und diese dann dem Papst vorzutragen, erläutert das IL.

Kochen mit dem Heiligen Geist

Das IL sei nicht der Entwurf eines Abschlussdokuments, betonte Kardinal Jean-Claude Hollerich, Generalrelator der Synode. Es sei vielmehr das Resultat des synodalen Prozesses auf allen Ebenen, ein Resultat, das zu vielen Fragen führe, die von den Teilnehmenden der Bischofssynode Antworten bekommen könnten.

Hollerich verglich den Text mit einem Kochbuch, das mit einigen Zutaten an die Chefköche geht. Daraus etwas zu kreieren, das unterschiedlichen Gaumen gefalle, erscheine als unmögliche Aufgabe, wenn nicht der Heilige Geist im Hintergrund darauf hinwirken würde, eine neue Harmonie zu finden. Es gehe darum, den Heiligen Geist zu respektieren, der, wie es Papst Franziskus immer wieder sage, der Protagonist des synodalen Prozesses sei, sagte Kardinal Mario Grech, Generalsekretär der Bischofssynode.

Zu den Fragen, mit denen sich die Synode mit Unterstützung des Heiligen Geistes beschäftigen soll, gehört auch jene zum Umgang mit Menschen, die sich an den Rand gedrängt oder gar ausgeschlossen fühlen. Das bezieht sich auf Geschiedene und Wiederverheiratete, Menschen in polygamen Ehen und LGBTQ+ ebenso wie auf Menschen mit Behinderungen, Arme, Opfern von Verletzungen und Missbrauch, Migranten und Flüchtlingen, ethische und kulturelle Minderheiten und indigene Gemeinschaften.

«Keine Angst vor der Vielfalt»

Zum Stichwort «Dezentralisierung» listet das IL eine ganze Reihe von Fragen auf. So soll sich die Synode damit beschäftigen, wie das Hinhören auf das Volk Gottes in den Ortskirchen verwirklicht werden kann und welches Mass an lehramtlicher Autorität den Bischofskonferenzen zugemessen werden kann. Was, wenn die örtlichen Instanzen untereinander abweichende Ausrichtungen vertreten? Welcher Spielraum existiert für eine Vielfalt von Ausrichtungen? Vielfalt nennt das IL als eines der besonderen Merkmale einer synodalen Kirche. «Diese Kirche hat keine Angst vor der Vielfalt, die sie in sich birgt, sondern bringt sie zur Geltung, ohne sie zur Gleichförmigkeit zu zwingen», hält das IL dazu fest.

Die Frage des Spielraums stellt das IL auch bezüglich der Ämter. Anlass dazu gibt die klare Forderung aus den Kontinentalversammlungen, «eine Sichtweise hinter sich zu lassen, wonach jede aktive Funktion in der Kirche allein den geweihten Amtsträgern vorbehalten ist und die Beteiligung der Getauften auf eine untergeordnete Mitarbeit reduziert wird».

Und last but not least hat das IL auch die Frage der Sprache aufgenommen. In zahlreichen Beiträgen werde unterstrichen, dass die von der Kirche verwendete Sprache neu gestaltet werden soll, heisst es dazu (IL 60). Die Neugestaltung müsse darauf abzielen, den Reichtum der Kirche für die Männer und Frauen unserer Zeit zugänglich und attraktiv zu machen, ohne zum Hindernis zu werden, das sie fernhalte.

Regula Vogt-Kohler

 

Stimmen zum Instrumentum laboris

Helena Jeppesen, Mitarbeiterin Fastenaktion und Schweizer Delegierte an der Kontinentalversammlung in Prag: Sie hätte sich das Dokument kürzer und vor allem präziser gewünscht, sagt sie in einem Interview mit kath.ch. «Das Thema der Inklusion von queeren Menschen und Frauenordination sind nicht oder nur schwach im Dokument enthalten. Aber der Aufbau des Dokuments mit den angehängten Fragebögen wird gute Diskussionen ermöglichen.» Dass zuerst über synodale Strukturen gesprochen wird, findet sie nicht schlecht. Die Themen werden aber nicht ausgeklammert werden können. Zu finden seien sie in den Fragebogen des Arbeitsdokumentes. Jeppesen glaubt, dass es im Oktober konkrete Ergebnisse geben wird. «Die Ausrufung des synodalen Prozesses durch Papst Franziskus hat schliesslich auch Erwartungen bei den Gläubigen geweckt. Die Weltkirche kann es sich nicht leisten, diese zu enttäuschen.»

Österreichische Bischofskonferenz: Die österreichischen Bischöfe begrüssen das Arbeitspapier. Es zeichne sich durch eine «grosse Treue zu dem aus, was in den letzten beiden Jahren bei den Anhörungen auf Ebene der Pfarren, Gemeinden und Gemeinschaften, der Diözesen und Bischofskonferenzen und zuletzt bei kontinentalen Versammlungen ins Wort gebracht wurde» und bilde damit das «inspirierende Arbeitsprogramm» für die Synode im Oktober. Das teilte die Bischofskonferenz zum Abschluss ihrer Sommervollversammlung in einer Presseerklärung mit.

Jean-Claude Hollerich, Kardinal und Generalrelator der Weltsynode: In einem Interview mit Vatican News ordnet Hollerich das Arbeitspapier ein. Es sei wirklich ein Arbeitsinstrument, betont er. «Kein schöner Text, den man staunend zu sich nehmen kann. Es ist kein theologischer Text, kein definitiver und kein vollständiger Text. Der Text enthält sehr viele Fragen, er soll den Austausch bei der Synode anregen. Es ist die Synode, die Antworten geben muss, nicht der Text, den wir vorbereitet haben.»

Erwin Kräutler, emeritierter Auslandbischof: Der als Amazonas-Bischof bekannte Erwin Kräutler (83) zeigt sich in Sorge, dass die von Papst Franziskus einberufene Weltbischofssynode enden könnte wie die Amazonas-Synode 2019. Obwohl sich damals die grosse Mehrheit für Änderungen etwa mit Blick auf die Zulassung von Frauen zu Weihämtern und beim Zölibat ausgesprochen hatten, übernahm der Papst diese Vorschläge nicht. «Ich möchte nicht pessimistisch sein, aber es fällt mir schwer zu glauben, dass Papst Franziskus nun schon mit mehr als 86 Jahren den Mut aufbringt, beispielsweise den Pflichtzölibat aufzuheben», so Kräutler in einem online veröffentlichten Beitrag für die Freiburger «Herder Korrespondenz».