Demonstration für den Frieden in Eugene (Oregon) im Januar 2020. Das Plakat rechts enthält ein Zitat von Papst Johannes XXIII. | © David Geitgey Sierralupe / wikimedia
Demonstration für den Frieden in Eugene (Oregon) im Januar 2020. Das Plakat rechts enthält ein Zitat von Papst Johannes XXIII. | © David Geitgey Sierralupe / wikimedia
11.04.2023 – Aktuell

Für einen Frieden in Wahrheit und Gerechtigkeit

Am 11. April 1963 wurde die Enzyklika «Pacem in terris» veröffentlicht

In der Kubakrise im Oktober 1962 wandte sich Papst Johannes XXIII. mit einem eindringlichen Friedensappell an die, welche die Verantwortung der Macht trugen. Im April 1963 unterzeichnete Johannes die Enzyklika «Pacem in terris» («Frieden auf Erden»). Der päpstliche Aufruf ist von trauriger Aktualität.

Im Herbst 1962 stand die Welt am Rande eines Atomkriegs. Am 25. Oktober 1962 erhob Papst Johannes XXIII. seine Stimme. In einer Radiobotschaft sagte er an die Adresse der Verantwortlichen der Macht: «Mit der Hand auf dem Gewissen sollen sie auf den verzweifelten Schrei hören, der von jedem Punkt der Erde, von unschuldigen Kindern bis zu alten Menschen, von Einzelnen bis zu Gemeinschaften, zum Himmel emporsteigt: Frieden! Frieden!»

Dem dramatischen Appell auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges folgte im Frühling 1963 das Lehrschreiben «Pacem in terris», die erste Enzyklika, die sich nicht nur an die römisch-katholische Kirche, sondern an alle Menschen guten Willens richtete. «Der Weltfriede ist ein Gut, das unterschiedslos alle angeht; deshalb haben wir unser Herz für alle geöffnet», sagte der Papst in einer Ansprache anlässlich der Veröffentlichung am 11. April 1963.

Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit

Johannes XXIII. meint mit Frieden mehr als ein blosses Schweigen der Waffen. Friede bleibe ein leeres Wort, wenn er sich nicht in einem Ordnungsgefüge, das sich an Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit orientiert, entwickle, lautet eine zentrale Aussage von «Pacem in terris». Darauf nahm Papst Franziskus anlässlich des 50-Jahre-Jubiläums der Publikation Bezug. Die Enzyklika rufe deutlich in Erinnerung, dass es keinen wahren Frieden geben könne, «wenn wir uns nicht für eine gerechtere und solidarischere Gesellschaft einsetzen, wenn wir Egoismen, Individualismen, Parteilichkeiten nicht überwinden, und zwar auf allen Ebenen».

Die Saat des Friedens, die Johannes XXIII. gesät habe, habe Früchte getragen, doch auch wenn Mauern und Grenzen gefallen seien, bedürfe die Welt auch weiterhin des Friedens und der Aufruf von «Pacem in terris» bleibe aktuell, sagte Franziskus im Herbst 2013. Das gilt heute, knapp zehn Jahre später, nach wie vor.

Die zentrale Ermahnung von Johannes XXIII. ist der Ruf zur Entwaffnung und zu einem generellen Perspektivwechsel der internationalen Politik: «Pacem in terris» fordere die Weltmächte dazu auf, «von der Logik der Konfrontation zur Logik der Begegnung überzugehen, von der Opposition zur Zusammenarbeit und von der Rivalität zur Brüderlichkeit», sagt der Kirchendiplomat Erzbischof Gabriele Caccia in einem Interview von Radio Vatikan.

Appell zur atomaren Abrüstung

Das Wettrüsten der Atommächte verschwende, wie Johannes XXIII. formulierte, geistige Energien und wirtschaftliche Ressourcen. Leider sei der Appell zur atomaren Abrüstung bis heute aktuell, sagte der Vatikandiplomat, der seit 2019 Ständiger Beobachter des Heiligen Stuhles bei den Vereinten Nationen in New York ist. In der Neujahrsrede 2023 an die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomaten hatte Papst Franziskus nicht nur den Einsatz, sondern bereits den Besitz von Atomwaffen als unmoralisch bezeichnet. Damit habe Franziskus unter Berufung auf Papst Johannes XXIII. dessen Gedankengang fortgeführt, sagte Caccia. Eine Aussage wie die von Franziskus zeige, «wie weit die Fortschritte in dieser Hinsicht inzwischen sind».

Regula Vogt-Kohler