Der erste Mensch, der heiliggesprochen wurde – und dies durch Jesus selbst! – , war ein Verbrecher. | © geralt/Pixabay
Der erste Mensch, der heiliggesprochen wurde – und dies durch Jesus selbst! – , war ein Verbrecher. | © geralt/Pixabay
21.03.2024 – Impuls

Lukas 23, 32.39-43

Zusammen mit Jesus wurden auch zwei Verbrecher zur Hinrichtung geführt. […] Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

Einheitsübersetzung 2016

 

Ostern für einen Verbrecher

Als ich den Heiligenkalender durchgesucht habe, um für diesen «Kirche-heute»-Impuls eine oder einen Heiligen auszuwählen, stiess ich auf unzählige heilige Bischöfe, Päpste, begnadete Ordensfrauen oder Märtyrer aus den verschiedensten Jahrhunderten. Das könnte einen fast etwas mutlos stimmen. Wo ist da Platz für uns christliche «Normalverbraucher»? Doch dann bin auf den heiligen Dismas gestossen.

Kennen sie den heiligen Dismas? Die Rede ist vom rechten Schächer. Wir würden ihn wohl kaum unter den Heiligen suchen. In der Bibel ist nur einmal von ihm die Rede (Lk 23,39ff); der Evangelist nennt nicht einmal seinen Namen. Nicht grundlos wird er mit Jesus gekreuzigt worden sein. Eine durch und durch gescheiterte Existenz möchte man meinen. Am Kreuz, zur Rechten Jesu, passiert dann das grosse Wunder: Trotz der aussichtslosen Lage, vertraut er sich Jesus an: «Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.» Wir kennen die Antwort Jesu: «Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.» Der erste Heilige ist also nicht ein Priester, ein Bischof oder ein Papst. Es ist kein Ordensmann oder eine Ordensfrau, die sich Gott besonders geweiht haben! Nein! Der erste Mensch, der heiliggesprochen wurde (und dies durch Jesus selbst!), war ein Verbrecher. Das Einzige, was Dismas von Herzen getan hat, war auf Jesus zu vertrauen. Das darf uns mutig stimmen: Egal, wie unser Leben bisher verlaufen ist, da ist einer, der uns annimmt.  Wo alle Türen zugehen, da geht Gottes Tür weit auf. Der erste, für den es Ostern wird, ist also dieser Schächer am Kreuz.

Dazu fällt mir eine wunderschöne Ostergeschichte der christlichen Schriftstellerin Andrea Schwarz ein:

Ein kleines Mädchen hatte eine Puppe, ganz zerzaust und zerlumpt. Eines Tages sagte eine Dame zu dem Mädchen: «Aber mein liebes Kind, wie kannst du nur eine solche Puppe aufheben, die ist doch wirklich nicht mehr schön!» Die Kleine, ganz überrascht und erstaunt, sah ihre Puppe an, schloss sie plötzlich fest in ihre Arme und drückte sie ganz lieb an sich. Dann drehte sie sich zu der Dame um und sagte mit strahlenden Augen zu ihr: «Guck mal, jetzt ist sie aber wieder ganz schön…!»

Und was hat diese Geschichte nun mit Ostern zu tun?

Immer dann, wenn wir uns zerlumpt und zerzaust fühlen, wenn wir uns hässlich und unansehnlich finden, gerade dann gilt uns die Einladung Gottes: «Ich liebe dich, so wie du bist! Komm in meine Arme!» Nicht im Tod stecken bleiben, sondern sich vertrauensvoll in seine Arme werfen. Damit wir wieder «schön» und «heil» werden, damit sich für uns die Tür zum Himmel und zum Leben öffnet – hier und jetzt schon. Das ist Ostern!

Nadia Miriam Keller
Theologin,
arbeitet als Spitalseelsorgerin am St. Claraspital in Basel