Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet sind die Herbert-Haag-Preisträgerinnen 2024.| © Alexandra Jäggi/Isabelle Häcki
Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet sind die Herbert-Haag-Preisträgerinnen 2024.| © Alexandra Jäggi/Isabelle Häcki
07.03.2024 – Aktuell

Preis für feministische Theologinnen

Der Herbert-Haag-Preis 2024 geht an zwei Pionierinnen der feministischen Theologie in der Schweiz

Die Schwestern Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet wurden mit dem Herbert-Haag-Preis 2024 ausgezeichnet. Der Preis ehrt sie für ihr jahrzehntelanges, gemeinsames Engagement als Pionierinnen der feministischen Theologie in der Schweiz. So waren beide unter anderem Mitgründerinnen, Herausgeberinnen und langjährige Redaktorinnen der feministisch-theologischen Zeitschrift «FAMA» sowie Mitgründerinnen der IG Feministische Theologinnen der Schweiz.

 

Welche Bedeutung kommt der Schwesternschaft (auch in der feministischen Theologie) zu?

Doris Strahm: Der Slogan der neuen Frauenbewegung «Sisterhood is powerful» war für uns als junge Theologinnen in den 1980er-Jahren nicht einfach nur ein Slogan, sondern etwas, das wir an Frauentagungen gelebt und erlebt haben. Gemeinsam waren wir stark und ermächtigten uns gegenseitig. Angetrieben von unserer leidenschaftlichen Suche nach einer frauenbefreienden und lebensfreundlichen Theologie wollten wir die Welt aus den Angeln heben, die Gesellschaft radikal verändern und ebenso deren religiös-symbolische Ordnung.

Der Euphorie der Anfänge folgte in den 1990er-Jahren eine gewisse Ernüchterung. Das Gefühl, dass wir alle Schwestern seien, wurde von verschiedenen Seiten problematisiert, weil es Ungleichheit und Machtverhältnisse unter Frauen ausblendete. Frauen sitzen nämlich nicht einfach qua Geschlecht im selben Boot; ihre Lebensrealitäten sind je nach Kontext von unterschiedlichen Diskriminierungsformen geprägt. Seitdem ist eine Differenzierung und Pluralisierung feministischer Theologien eingetreten, die ein «wir Frauen» nicht mehr unhinterfragt zulässt. Anstelle von Schwesternschaft ist meines Erachtens heute die Frage nach der Solidarität unter Frauen verschiedener sozialer und kultureller Herkunft getreten.

Silvia Strahm Bernet: Schwesternschaft heisst Verwandtschaft, heisst, eng verbunden sein, bedeutet gemeinsame Wurzeln, eine gemeinsame Herkunft haben, Erfahrungen machen, die verbinden. Etwas, das über das «Wir Frauen» hinausgeht, das am Beginn des feministischen Weges für viele von uns stand. Eine verbindlichere Komplizinnenschaft: kraftvoll, empathisch, auch fürsorglich, wie Schwestern sein können. Dass Schwesternschaft auch Schwesternstreit beinhaltet – der Titel der ersten Nummer unserer feministisch-theologischen Zeitschrift «FAMA» (1985) lautete übrigens so –, ist uns allen auch vertraut, tut dem Ganzen aber keinen Abbruch. Wir sitzen vielleicht nicht im selben Boot, aber dass wir uns ungeachtet unserer Differenzen und unterschiedlichen Lebensumstände immer wieder auch gemeinsam formieren und kämpfen müssen, bleibt als Forderung legitim.

Das ganze Interview finden Sie auf www.horizonte-aargau.ch

Das Interview wurde schriftlich von Eva Meienberg für das Aargauer Pfarrblatt «Horizonte» geführt.