«Es gibt viele, die altruistisch helfen wollen»

Diakon Sowulewski aus Reinach im Gespräch mit einem ehemaligen Firmanden

Im Firmkurs 2016 hat Diakon Marek Sowulewski den damals 16-jährigen Lucio Sansano kennengelernt. Im Interview fragt der Seelsorger seinen ehemaligen Firmanden nach den Beweggründen für dessen vielfältige Aktivitäten in Vereinen und in der Politik.

Lucio, deiner Generation der Post-Millennials werden Eigenschaften zugeschrieben wie ausgeprägtes Gefühl der Gerechtigkeit oder ein intrinsisch motiviertes Dasein. Trifft das für dich zu? Was motiviert dich?

Lucio Sansano*: Ich engagiere mich gerne ehrenamtlich für Projekte und Vereine, deren Anliegen und Botschaften mir am Herzen liegen oder mir selbst sowie anderen Freude bereiten. Aus demselben Grund engagiere ich mich politisch und versuche, die Anliegen meiner Generation in den politischen Diskurs einzubringen. Solange ich das Gefühl habe, dass ich damit tatsächlich etwas bewirken kann, dass es jemandem hilft oder Freude bereitet, bin ich motiviert, mich weiter zu engagieren.

Kannst du ein Projekt beschreiben, das zeigt, wie diese Grundhaltung praktisch umgesetzt wird?

Wenn es allen gleichgültig wäre, ob sie anderen helfen oder nicht, hätte unsere Gesellschaft ein Problem. Zum Glück gibt es viele tolle Projekte und Menschen, die altruistisch anderen helfen wollen. Ein gutes Beispiel war für mich die Corona-Pandemie: Während des Shutdowns hatte ich in Reinach einen Aufruf gemacht, dass man sich melden könne, wenn man seine Einkäufe nicht mehr selbstständig erledigen könne. Weil das zu Beginn kleine Team die Einkäufe schon bald nicht mehr alle bewältigen konnte, machten wir einen zweiten Aufruf, mit dem wir zusätzliche Helfende suchten. Innert kürzester Zeit hatten wir ein hilfsbereites Team von über 30 Leuten zusammen. Dies hat mich riesig gefreut und mir gezeigt, dass es viele Leute gibt, denen das Wohlergehen anderer am Herzen liegt.

Du bist über die spontane und ansteckende Hilfsbereitschaft hinaus auch politisch engagiert. Würdest du der These «Demokratie braucht Religion» des Soziologen Hartmut Rosa zustimmen?

Meiner Meinung nach bedingen sich Demokratie und Religion nicht unbedingt gegenseitig. Doch die Religion gibt vielen Menschen Halt. Dies ist in unsicheren Zeiten wie heute wichtiger denn je. Die Existenz der Kirche hat somit einen Einfluss auf unsere Meinung und damit indirekt auch auf die Demokratie. Aus diesem Grund finde ich es wichtig, dass die Kirche in der Demokratie und damit konkret in politischen Geschäften keine Farbe bekennt, da sie ein wertebasiertes Zuhause für alle politischen Positionen sein soll.

Interview: Diakon Marek Sowulewski, Seelsorger der Pfarrei St. Nikolaus in Reinach

* Lucio Sansano (23) ist unter anderem Initiant des Netzwerks Solidarität Reinach, Gründer und Präsident von Saturday Sports, Vizepräsident des Vereins Suuberewald sowie Mitglied des Einwohnerrats von Reinach.