02.06.2018 – Editorial

30 Jahre Krieg

Schweden – aus diesem Land kamen erfolgreiche Skifahrerinnen und Tennisspieler. Unsere Kinder, damals im Primarschulalter, kannten 1997 Pernilla Wiberg, die auf alpinen Skipisten Medaillen sammelte, und den Tennisspieler Stefan Edberg. Umso überraschter waren sie, als sie bei einem Dorffest von der Grossleinwand herab erfuhren, wie die Schweden während des Dreissigjährigen Krieges in unserer Gegend gewütet hatten. 1634 plünderten schwedische Soldaten Allschwil und andere Dörfer in der Region Basel. Was in aller Welt hatte die schwedische Armee im tiefen Mitteleuropa zu suchen?

Der Dreissigjährige Krieg gilt in einer weit verbreiteten Auffassung als ein Konflikt, der sich aus der konfessionellen Spaltung durch die Reformation ergeben hat, und damit als Paradebeispiel dafür, welches Unheil religiöser Extremismus anrichten kann. Der Krieg, der sich in wechselnden Konstellationen über drei Jahrzehnte hinzog, brach nicht aus heiterstem Himmel über die Menschheit herein. Er war aber ebenso wenig die unausweichliche Konsequenz der konfessionellen Gegensätze. Der britische Historiker Peter Wilson formuliert es so: «Der Dreissigjährige Krieg war nur insofern ein Religionskrieg, als der Glaube in der Frühen Neuzeit das leitende Prinzip in allen Bereichen öffentlichen und privaten Handelns lieferte.»

Eine entscheidende Trennlinie verlief zwischen den Moderaten und Militanten auf beiden Seiten. Der Unterschied habe darin gelegen, wie eng Glauben und Handeln für sie miteinander verbunden gewesen seien. Während für die Moderaten die Wiedervereinigung der Christen ein Fernziel, aber kein konkretes Handlungsmotiv gewesen sei, schien für die Militanten die Einheit in Reichweite. Sie seien deshalb nicht nur geneigt gewesen, zu seiner Erreichung Gewalt einzusetzen, sondern hätten dazu sogar einen göttlichen Auftrag verspürt. Zwar seien die Militanten in der Minderheit geblieben, doch habe sich Militanz, genau wie heute, als besonders gefährlich erwiesen, wenn sie mit politischer Macht zusammenfalle. So begründete der schwedische König Gustav II. Adolf 1630 seinen Eingriff in den Krieg damit, dass es gelte, den deutschen Protestanten zu Hilfe zu eilen.

Unterschiedliche Aspekte der komplexen Geschichte des Dreissigjährigen Kriegs sind das Thema einer losen Serie von Beiträgen in «Kirche heute». Den Auftakt macht ein Zwischenfall in Prag, mit dem am 23. Mai 1618 eine Auseinandersetzung begann, von der niemand ahnte, dass sie 30 Jahre dauern würde.

Regula Vogt-Kohler