Blick auf die frisch sanierte Aussenhülle von 
St. Stephan – noch ohne Kreuz und Kugel auf dem Turm. | © Regula Vogt-Kohler
Blick auf die frisch sanierte Aussenhülle von St. Stephan – noch ohne Kreuz und Kugel auf dem Turm. | © Regula Vogt-Kohler
27.09.2018 – Aktuell

Jetzt fehlt nur noch die goldene Kugel auf dem Turm

Abschluss der Fassaden- und Dachsanierung der Kirche St. Stephan in Therwil

Die vor bald 400 Jahren mitten im Dreis­sigjährigen Krieg erbaute römisch-katholische Kirche St. Stephan in Therwil erstrahlt nach einer Sanierung der Fassade in neuem Glanz. Teilweise neu ist auch der Dachstuhl. Nächstes Jahr folgt eine Innensanierung, die auch das 1781 gemalte grosse Deckenbild umfassen wird.

Für ein gutes halbes Jahr «verschwand» das Therwiler Wahrzeichen, die Kirche St. Stephan, hinter Baugerüsten. Seit Kurzem ist die Verhüllung weg. Das Resultat der Sanierungsarbeiten kann sich sehen lassen. «In neuem Glanz» präsentiert der Therwiler Kirchgemeindepräsident Ruedi Baltisberger bei unserem Besuch an einem nebligen Spätsommermorgen «seine» Kirche. Noch fehlt das Tüpfelchen auf dem i: Das Turmkreuz mit der goldenen Kugel. Die Montage ist für den 11. Oktober vorgesehen.

«Operation am offenen Herzen»

Ruedi Baltisberger ist des Lobes voll über die Handwerker, die an der Sanierung der Fassaden und der Dachkonstruktion beteiligt waren. «Alles lief nach Plan», berichtet er. Die Anforderungen waren hoch, vor allem für die Zimmerleute, welche die teilweise bröckelnden Balken im Dachstuhl reparierten. «Sie mussten sehr präzise arbeiten, damit der Gipsdecke nichts passiert», sagt Baltisberger. Grund für die Sorge ist das im Jahr 1781 gemalte grosse Deckenbild.

Das Bild entstand im Rahmen der Rokoko-Umgestaltung im 18. Jahrhundert. Gemalt wurde auf eine Putzschicht, die direkt auf der Bundbalkenlage des Dachstuhls aufgebracht wurde. Das bedeutet, dass der Sakralraum direkt mit dem Holztragwerk konstruktiv verbunden ist. «Das ist wie eine Operation am offenen Herzen!», zitiert ein Beitrag in der Fachzeitschrift «baublatt» den stellvertretenden Baselbieter Denkmalpfleger Werner Niederberger zu den Arbeiten im Dachstuhl.

Alt und neu im Dachstuhl: Noch immer machen 400 Jahre ­alte Balken den we­sent­lichen Teil der Dachkonstruktion aus. | © Regula Vogt-Kohler

Schäden bei Analyse entdeckt

Der Auslöser für die nun abgeschlossene erste Etappe der Sanierungsarbeiten war jedoch nicht der Dachstuhl, sondern der Anblick der Aussenfassaden. Eine Zustandserfassung habe dann aber ergeben, dass auch die Dachkonstruktion erheblichen Sanierungsbedarf aufweise, erzählt Baltisberger. «Im Speziellen wurden im Dachstuhl fehlende (resp. faulende) Tragelemente festgestellt», heisst es in der Begründung des Kreditbegehrens zuhanden der Kirchgemeindeversammlung. «Eine weitere vertiefte Untersuchung zeigte, dass die notwendigen Massnahmen am Dachstuhl prioritär durchzuführen sind.»

Sorgfalt war nicht nur wegen der Gefahr für die Gipsdecke und das darauf gemalte Bild gefragt. Weil die Kirche St. Stephan unter Denkmalschutz steht, durften nur die schadhaften Stellen der Dachkonstruktion und nicht gleich ganze Balken ersetzt werden. Der Dachstuhl des Hauptschiffs gehört wie das Chorgewölbe und das Hauptportal zu den bauzeitlich überlieferten Teilen der Bausubstanz.

1618: Brief an Bischof

Die Bauarbeiten für St. Stephan begannen 1627, wie eine Inschrift am Turm bezeugt. Bald kam es zu Verzögerungen, weil sich die Stadt Basel als Zehntherr weigerte, ihren Beitrag zu bezahlen. Ab 1629 ging es dann wieder vorwärts, und am 19. Oktober 1631 fand die Kirchweihe statt. Treibende Kraft für den Kirchenbau war Pfarrer Joseph Liechtin, der bereits 1618 dem Bischof geschrieben hatte, die alte Kirche sei baufällig und müsse auch wegen Platzmangels durch einen Neubau ersetzt werden. St. Stephan in Therwil ist eine der wenigen Kirchen, die im Gebiet der heutigen Schweiz während des Dreissigjährigen Kriegs entstanden. Wenige Jahre nach der Weihe erfasste der Strudel des Kriegs auch das Leimental. «Nach den verheerenden Einfällen der Schweden 1635 erneuerte man die Kanzelstiege, die Kirchentüre und hängte die Glocken in den Turm», liest man in der Baugeschichte.

Was steckt in der Kugel?

Erst viel später, 1827, entstanden der spitze Turmhelm mit Knauf und Doppelkreuz. Dank einer Demontage zur Reparatur und Reinigung hatte das lange Rätselraten über den Inhalt der goldenen Kugel ein Ende. Die darin enthaltenen Dokumente beziehen sich auf die Kirchensanierungen 1886, 1922 und 1962 und sind ebenso wie zahlreiche Fotos zu den Bauarbeiten auf der Homepage der Pfarrei St. Stephan Therwil/Biel-Benken (www.rkk-therwil.ch) zu finden.

Die Montage von Kugel und Kreuz ist für den 11. Oktober vorgesehen. Start ist um 8.30 Uhr mit dem Eintreffen des Krans. Die Kugel wird mit den alten und neuen Dokumenten bestückt, dann wird die Hülse verlötet. Falls Wind den Kraneinsatz verhindert, ist ein zweiter Anlauf am 16. Oktober geplant.

Regula Vogt-Kohler