23.08.2018 – Editorial

Hundstage

Himmelwärts – in diesen heissen Tagen, in dem sich das Leben ausserhalb der Arbeitszeit zu einem grossen Teil draussen abspielt, geht unser Blick immer mal wieder nach oben. Am Himmel suchen wir Antworten auf Fragen wie «Kann ich die Wäsche hängen lassen?», «Sollen wir für die Grillparty eine Schlechtwettervariante planen?» und «Übernimmt heute Petrus die Gartenbewässerung, oder müssen wir wieder Spritzkannen schleppen?»

Manchmal staunen wir auch nur: über das wolkenlose blaue Zelt, das sich fast Tag für Tag über uns wölbt, über Wolken, die – wenn überhaupt – wochenlang aus der «falschen» Richtung kommen und deshalb die Hoffnungen vieler auf eine Erfrischung mit kühlem Nass von oben enttäuschen, über den geröteten Abendhimmel, der uns einmal mehr einen neuen Tag mit schönem Wetter ankündigt.

Und manchmal geht der Blick nach unten: Hat sich da nicht gerade im Flur nur wenig über Bodenhöhe etwas bewegt? Bei einem genaueren Hinsehen entpuppt sich das «Etwas» als ein Hund, der sich aus seinem Revier ein Stockwerk weiter unten davon gemacht hat und durch die offen stehende Eingangstüre ins Büro gelangt ist. Später treffen wir ihn im Treppenhaus, wo er, nach Kühlung lechzend, alle Viere von sich gestreckt auf dem Steinboden liegt.

Es ist nicht die einzige Begegnung der tierischen Art in diesen Tagen. Wer draussen isst, teilt seine Mahlzeiten mit zahlreichen Wespen, und nachts schlägt man sich mit Mücken herum, deren «Sssssssss» fast noch mehr nervt als ihr Blutdurst, der uns mit juckenden roten Punkten übersät. Während bei den schwarz-gelb gestreiften Gästen Ruhe und Gelassenheit durchaus zu einem einigermassen entspannten Nebeneinander beiträgt, hilft bei den Mücken nichts ausser sich hinter Insektengittern zu verschanzen.

Und so gilt unser Blick am nächsten Morgen wieder dem Himmel: «Wie lange noch …? Wann endlich …? Warum …?» Es sind Fragen, die sich angesichts der Nachrichten, die uns online oder auf Papier am Frühstückstisch erreichen, nicht nur hinsichtlich zwar lästigen, aber doch eher harmlosen Begleiterscheinungen der Hundstage stellen.

Diese heissen übrigens nicht so, weil Hunde unter der Sommerhitze besonders leiden, sondern verdanken ihre Bezeichnung einer himmlischen Erscheinung: dem Sternbild Grosser Hund.

Regula Vogt-Kohler