Eine ungewöhnliche Weihnachtskarte und ein widerständig-befreiendes Evangelium. | © Peter Bernd
Eine ungewöhnliche Weihnachtskarte und ein widerständig-befreiendes Evangelium. | © Peter Bernd
24.12.2020 – Aktuell

Weihnachten: Der Beginn einer befreienden Ordnung

Vor mir liegt ein ungewöhnlicher Weihnachtsgruss: Eine Karte auf DIN-A6 gefaltet. Vorne drauf eine Christbaumkugel – als Collage gestaltet, die das ganze Chaos einer Welt mit Umweltkatastrophen, Krieg und menschlichem Leid zeigt. Ich blättere die Karte auf: Ein Zitat aus Papst Franziskus’ jüngster Enzyklika «Fratelli tutti»: «Wenn einer meint, dass es nur um ein besseres Funktionieren dessen geht, was wir schon gemacht haben, oder dass die einzige Botschaft darin besteht, die bereits vorhandenen Systeme und Regeln zu verbessern, dann negiert er die Wirklichkeit.» Auf der Rückseite folgt der Wunsch der Freunde/innen des Instituts für Theologie und Politik in Münster: Wir wünschen allen für das kommende Jahr den Beginn der anderen, befreienden Ordnung, die Gott uns verheissen hat.

Ich lese das Weihnachtsevangelium (Lukas 2) und darin, wie Menschen in einer grossen Zählung der totalen Kontrolle des mit Namen klar bezeichneten römischen Herrschaftsapparates unterworfen werden sollen. Und lese vom Widerstandsnest in Bethlehem, wo in starker Symbolik die Geburt des revolutionären Jesus beschrieben wird, der dreckig am römischen Balken enden wird. Bethlehem ist vor allem ein Ort der Hoffnung: Der Friede wird im Original denen verheissen, die Seines Willens sind, das heisst den Namen des Befreiergottes tun, der ein Widerstandswort ist. Dorothee Sölle betont einmal: «Jeder theologische Satz muss auch ein politischer sein.»

Ich wünsche allen Mitmenschen zu Weihnachten in der Krise Hoffnung, Verstand, solidarischen Mut und befreiende Aussichten.

Peter Bernd, Füllinsdorf
Pfarrer des Pastoralraumes Frenke-Ergolz