Besonderer Gottesdienst am Streikwochenende: In Heiliggeist Basel berichteten Frauen und Männer über ihre Erfahrungen in der katholischen Kirche. | © Regula Vogt-Kohler
Besonderer Gottesdienst am Streikwochenende: In Heiliggeist Basel berichteten Frauen und Männer über ihre Erfahrungen in der katholischen Kirche. | © Regula Vogt-Kohler
17.06.2019 – Aktuell

«Weggehen ist keine Alternative»

Kirchenfrauen setzen sich an Demo und in Gottesdiensten für Gleichberechtigung ein

Hunderttausende Frauen gingen am 14. Juni in der Schweiz auf die Strasse und demonstrierten für Gleichstellung. Mit dabei waren Kirchenfrauen, die ihre Anliegen auch in Gottesdiensten am Streikwochenende vortrugen. Zum Beispiel in der Heiliggeistkirche in Basel.

 

Auf den Ruf Gottes antworten können, das will Dorothee Becker, Theologin und Seelsorgerin in der Pfarrei Heiliggeist in Basel. Ihr Schlüsselerlebnis: Vor drei Jahren habe ein Kollege sie als Priesterin angenommen. «Das war für mich eine Liebeserklärung Gottes», sagte sie in einem persönlichen Statement im Sonntagsgottesdienst am Frauenstreikwochenende. Darauf voll und ganz antworten möchte sie in der katholischen Kirche, in die sie hineingetauft worden sei. «Weggehen ist keine Alternative.»

Im Gottesdienst in Heiliggeist legte auch Charlotte Küng, Seelsorgerin in der Katholischen Kirche Region Rorschach, Zeugnis ihrer persönlichen Erfahrungen in der katholischen Kirche ab. Als Theologiestudentin habe sie es zwar ungerecht gefunden, nicht Priesterin werden zu können, sie habe es aber einfach zur Kenntnis genommen. Erst jetzt, nach acht Jahren Arbeit in der Pfarrei, werde ihr immer stärker bewusst, dass sie priesterlich handle und priesterliche Verantwortung spüre. Es schmerzt sie, wenn sie nach vielen Beerdigungen die Anfrage für eine Taufe ablehnen müsse und auch keine Trauungen durchführen dürfe.

Josef Jeker, einer der Initianten der kirchlichen Gleichstellungsinitiative, verabschiedete sich vom Wunsch, Priester zu werden, weil er eine Familie haben wollte. Die katholische Kirche müsste ein menschlicheres Gesicht haben, sagte er. Sie spreche zwar von der Würde der Frauen, aber begegne ihnen nicht auf Augenhöhe. Er sei verhalten optimistisch, ob die Weltkirche die Kurve kriege. «Die Hoffnung auf die göttliche Geistkraft stirbt nie.» Eine glaubwürdige Kirche vertraue darauf, dass die Geistkraft auch dort wirke, wo es nach menschlichem Ermessen unmöglich erscheine, hatte Sylvia Laumen in der Besinnung zum Auftakt des Gottesdienstes gesagt.

Um eine neue Glaubwürdigkeit der Kirche geht es in einem Appell des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF). Alle sollen sich nach ihren Möglichkeiten für eine grundlegende Erneuerung einsetzen. So sind die Kirchgemeinden und Landeskirchen dazu aufgerufen, ihre demokratischen Mittel zu nutzen. Als demokratisch gewählte Vertreterinnen und Vertreter der kirchlichen Basis seien sie verpflichtet, Ungleichbehandlung und Diskriminierung zu verhindern, sodass auch die Katholische Kirche Schweiz die Grundwerte der europäischen Menschenrechtskonvention umsetze.

Der Appell des SKF richtet sich auch an den Vatikan. Papst Franziskus und die Leitung der Weltkirche sollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Frauen und nicht geweihte Männer über alle Fragen der Kirche mitreden und mitentscheiden können.

Regula Vogt-Kohler