12.11.2020 – Leserreaktionen

Unerfüllbare Erwartungen?

Zum Beitrag kontra KVI von Nadine Gautschi («Kirche heute» Nr. 45–46/2020)

Wenn Bäuerinnen in Peru durch die Wächter von Glencore gewaltsam von ihrem Land vertrieben werden … Oder wenn in Nicaragua Zuckerrohrarbeiter durch das Pestizid Paraquat von Syngenta erkranken und daran sterben … Da soll die Möglichkeit zu einer Klage unerfüllbar sein?

Die KVI schafft die Voraussetzung dafür, dass diese Menschen zu ihrem Recht kommen. Es geht um Menschenrechte und Umweltstandards, deren Einhaltung international gefordert wird. Die Schweiz ist also kein einsamer Weltpolizist. Auch die Ansage einer Klageflut ist überflüssig, denn Sammelklagen sind hier nicht zulässig und die Hürden für die Kläger/innen dort sind hoch.

Das Argument, die Unternehmen würden sich aus den armen Ländern zurückziehen und deren Bevölkerung würde am meisten leiden, entbehrt der Logik. Viele der Schweizer Unternehmen kommen ihrer Sorgfaltspflicht nach und haben nichts zu befürchten. Eine Studie der KMU-Beratungsfirma «Deloitte» zeigt: Über die Hälfte der 112 befragten CFO sieht bei einer Annahme keine negativen Auswirkungen auf ihre eigenen Unternehmen.

Nadine Gautschi meint, das Engagement der Kirchen für die KVI bedrohe den inneren Frieden, denn die Kirchen seien keine Parteien. Stimmt, das sind sie nicht. Doch sie haben den Auftrag, die Botschaft vom Reich Gottes in Wort und in Tat zu verkünden. Ein Versuch hierzu begann 1989 in Basel, die weltweite, ökumenische Bewegung von «Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung». Es gilt, dieses Projekt weiterzuführen, konkretisiert in dieser Initiative.

Elisabeth Hischier, Birsfelden, Theologin, pensioniert, vormals Psychiatrie- und Spitalseelsorgerin