Die Knabenkantorei Basel prägt das «Theater im Münster» in musikalischer Hinsicht. | © Oliver Hochstrasser
Die Knabenkantorei Basel prägt das «Theater im Münster» in musikalischer Hinsicht. | © Oliver Hochstrasser
16.09.2019 – Aktuell

«Alles auf Anfang!»

Theater im Münster: 1000 Jahre Geschichte und musikalische Highlights

Von der Einweihung 1019 über Konzil 1439 und Reformation 1529 bis zum Friedenskongress 1912: In vier Szenen schildert das «Theater im Münster» die tausendjährige Geschichte des Basler Münsters. Am 13. September war Premiere.

Der Sigrist ist empört: Rote Fahnen und die Internationale im altehrwürdigen Basler Münster?! Damit ist er gar nicht einverstanden, auch wenn er die Bewilligung für die Theateraufführung gegeben hat. Und überhaupt: Spätestens um 21 Uhr muss Schluss sein. Die Regisseurin, die sich zum Entsetzen des Sigrists erfrecht hat, ihre Anweisungen von der Kanzel herunter zu erteilen, lässt sich nicht einschüchtern. Sie weiss die Fakten auf ihrer Seite. «Abgesehen von der Rahmenhandlung ist nichts erfunden», heisst es im Prolog der künstlerischen Leitung.

Informationen, Kommentare, Einlagen

Anhand von vier wichtigen Anlässen erzählt das «Theater im Münster» die Geschichte des Basler Münsters. Die Rückblenden sind eingebettet in eine Theaterprobe. Dies ermöglicht es, die Regisseurin und die Darstellenden Hintergrundinformationen und zeitgenössische Kommentare einstreuen zu lassen, es erlaubt aber auch humoristische Einlagen wie etwa den Wiener, der «die Anna», genauer das Grabmal der Stammmutter der Habsburger, sucht.

«Alles auf Anfang!» heisst es nach dem fulminanten Auftakt mit der sozialistischen Kampfeshymne. Ein musikalisches Intermezzo führt das Publikum ins Jahr 1019. Bischof Adalbero spricht ein Machtwort: Der Baumeister soll jetzt endlich schweigen. Dieser protestiert: Der Bau ist noch nicht fertig! Es hilft nichts, die Einweihungszeremonie findet statt. Ob das nicht ein wenig viel Tamtam sei, fragt die Darstellerin der Magd. Nein, meint die Regisseurin. Die Stiftung des Kirchenneubaus durch den Kaiser sei von zentraler Bedeutung für den Aufstieg Basels gewesen. Mit dem 1431 beginnenden Konzil wird die Stadt am Rheinknie gar zum Zentrum der Christenheit.

Bildersturm und Marienlied

1439 tagt das Konzil immer noch, die Basler haben genug. «Wir wollen unser Münster zurück!» rufen Vertreterinnen und Vertreter des Volks, gespielt von Laiendarstellern und -darstellerinnen. Das Basler Konzil wählt den letzten Gegenpapst der Geschichte, scheitert aber in seinen Bemühungen um eine Kirchenreform. Diese kommt dann in Gestalt der Reformation, die sich 1529 auch in Basel durchsetzt. Dem Bildersturm fallen auch die Marienstatuen zum Opfer. «Was soll ich denn jetzt tun?» fragt eine verzweifelte Frau. «Zum Beispiel singen», meint die Gattin des Basler Reformators Oekolampad.

Ganz verschwunden ist Maria nicht. Im Theater hat sie ihren Auftritt mit dem Luther-Choral «Sie ist mir lieb, die werte Magd». Gesungen wird dieses Marienlied jeweils von einem der Gastchöre. Alle anderen Stücke singt die Knabenkantorei Basel. Die musikalischen Zwischenspiele, welche die Umkleidepausen zwischen den historischen Szenen überbrücken, hat Balz Aliesch eigens für das Münstertheater komponiert. Sie verarbeiten Elemente der ebenfalls von Aliesch neu komponierten Münsterhymne, bei der zum Abschluss alle mitsingen dürfen.

Zuvor erklingt allerdings in der letzten der vier Szenen nochmals die Internationale: 1912 findet vor dem Hintergrund des Balkankriegs in Basel ein internationaler Sozialistenkongress statt. Nach einem Demonstrationsmarsch durch die Stadt zieht die Menge unter Glockengeläut und Orgelklang mit roten Fahnen ins Münster ein.

Regula Vogt-Kohler

Weitere Aufführungen: Mi, 18.9.; Do, 19.9.; Sa, 21.9.; So, 22.9.; Mi, 25.9.; Do, 26.9.; Fr, 27.9.
Jeweils 19.30 Uhr, am 21.9. um 20 Uhr

Ticketverkauf: Ab Fr. 30.– im Kulturhaus Bider & Tanner oder online auf www.ticketcorner.ch und an der Abendkasse