Präsentation der Studie zur Gleichstellungspraxis (v.l.): Delfina Schaffter, Scharito Hernandez, Sena Kuzören, Katharina Merian, Elke Kreiselmeyer, Karima Zehnder. | © Regula Vogt-Kohler
Präsentation der Studie zur Gleichstellungspraxis (v.l.): Delfina Schaffter, Scharito Hernandez, Sena Kuzören, Katharina Merian, Elke Kreiselmeyer, Karima Zehnder. | © Regula Vogt-Kohler
18.11.2019 – Aktuell

Die meisten fühlen sich gleichberechtigt, auch ohne Gleichstellung

Studie zur Rolle der Frauen in den Religionsgemeinschaften der Region Basel

Gleichgestellt oder gleichwertig? Ob in einer Religionsgemeinschaft die Gleichberechtigung umgesetzt ist, schlägt sich nicht in der empfundenen Gleichberechtigung nieder. Kritik an den Strukturen kommt nur von den römisch-katholischen Theologinnen.

Wie verhält es sich mit der Gleichstellungspraxis in den Religionsgemeinschaften in Basel-Stadt und Baselland? Die Informationsstelle Inforel wollte es genauer wissen und hat dazu 51 Vertreterinnen und einen Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften befragt.

Die Studie gebe einen erstaunlichen Einblick in eine vielfältige religiöse Landschaft, sagte Katharina Merian, Assistentin für Systematische Theologie an der Universität Basel, in einer Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse. Ein weiterer zentraler Befund: Die meisten Frauen empfinden Gleichberechtigung, auch wenn es sie rechtlich nicht gibt.

Vier der befragten Frauen nahmen an einem Podiumsgespräch anlässlich der Präsentation der Studie teil. Sie stehen stellvertretend für den unterschiedlichen Stand in Sachen Gleichberechtigung, aber auch für den unterschiedlichen Umgang mit der Ungleichheit.

Eine Rollenverteilung

Delfina Schaffter, die bei der Kirche Jesu Christi der Letzten Tage als Sonntagsschullehrerin aktiv ist, hat kein Problem damit, dass in ihrer Kirche das Priesteramt Männern vorbehalten ist. Das Priestertum sei keine Rangauszeichnung, «es ist eine Rollenverteilung», sagte sie. Jeder soll sich nach seinen Talenten entfalten. Sie fühle sich in keiner Weise benachteiligt.

Scharito Hernandez hingegen ist froh, bei der Evangelisch-Methodistischen Kirche Kleinbasel gelandet zu sein, wo alle gleichberechtigt sind. «In jedem Amt gibt es Männer und Frauen», sagte die Pfarrerin der Latinogruppe. Die Hauptsache sei, dass sie dafür geeignet seien.

«Bei uns sind Männer und Frauen gleich», sagte Sena Kuzören (Vorstandsmitglied Basler Muslim Kommission). Das heisst nicht, dass sie das gleiche machen. Kuzören ist davon überzeugt, dass es Dinge gebe, die Männer besser können als Frauen und umgekehrt. Nach ihrer Ansicht bestehe gar kein Interesse der Frauen, auch als Imam wirken zu können.

Priesterlich wirksam, aber nicht gleichgestellt

Elke Kreiselmeyer, Gemeindeleiterin in der römisch-katholischen Pfarrei St. Stephan Therwil/Biel-Benken und Leiterin des Pastoralraums Leimental, sprach von einer «de facto Gleichberechtigung auf Pfarreiebene». De iure gebe es Dinge, die Frauen und auch Männer, die nicht Priester sind, nicht tun dürfen. In ihrer Erfahrung als Seelsorgerin erfahre sie sich aber als priesterlich wirksam.

Von römisch-katholischer Seite haben neben Kreiselmeyer auch Simone Rudiger (Pfarrei Bruder Klaus Liestal), Dorothee Becker (Pfarrei Heiliggeist Basel), Monika Hungerbühler (Co-Leiterin Offene Kirche Elisabethen), Mirella Martin (Parocchia San Pio X Basel) und Béatrice Bowald (Co-Leiterin des Pfarramts für Industrie und Wirtschaft) Auskunft gegeben.

Aus den Reihen jener, die nicht auch de iure gleichberechtigt sind, fordern römisch-katholische Theologinnen als einzige der Befragten den Zugang zu allen Ämtern und üben Kritik an den Strukturen, heisst es dazu in der Studie. Dieser Kritik schliesst sich Mirella Martin nicht an. Sie äussert sich in der Studie so: «Die Geschlechter sollten in ihrer Unterschiedlichkeit wahrgenommen und wertgeschätzt anstatt gleichgemacht werden.»

Regula Vogt-Kohler