Menschen in geselliger Runde am Lagerfeuer. | © Peter Freitag/pixelio.de
Menschen in geselliger Runde am Lagerfeuer. | © Peter Freitag/pixelio.de
14.08.2018 – Impuls

Sprichwörter 9,1–6

Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, ihre sieben Säulen behauen.
Sie hat ihr Vieh geschlachtet, ihren Wein ­gemischt und schon ihren Tisch gedeckt.
Sie hat ihre Mägde ausgesandt und lädt ein auf der Höhe der Stadtburg:
Wer unerfahren ist, kehre hier ein. Zum ­Unwissenden sagt sie:
Kommt, esst von meinem Mahl und trinkt vom Wein, den ich mischte!
Lasst ab von der Torheit, dann bleibt ihr am Leben und geht auf dem Weg der Einsicht!

Einheitsübersetzung

 

Schöne Momente

Der Sommer ist als Jahreszeit für lauschige Feste im Garten prädestiniert. Was gibt es Schöneres, als mit Freunden an einem lauen Sommerabend draussen zu sitzen und etwas Feines zu essen. In vielen Berufen ist der Sommer zudem eine Zeit, in der es nicht allzu stressig ist. Das lädt geradezu dazu ein, noch etwas länger als gewohnt sitzen zu bleiben. Ein kleines Feuer und der Sternenhimmel erinnern ein wenig an unbeschwerte Studentenzeiten.

Auch bei uns ist für morgen ein schönes Gartenfest angesagt, und schon den ganzen Tag freue ich mich darauf, meine Freunde bei mir zuhause zu begrüssen. Ich möchte mit ihnen gut essen, plaudern, Musik machen, Zeit verbringen. Alles soll schön und feierlich vorbereitet werden und zum gemütlichen Verweilen einladen! Der Rasen ist gemäht, die Festbänke bereitgestellt und ein paar Girlanden lassen Stimmung aufkommen. Ich habe immer gerne Feste gefeiert, aber ich nahm diese Momente oft als selbstverständlich hin.

Nach dem plötzlichen Tod meiner jüngsten Schwester wurde mir jedoch auf einen Schlag eine Frage ganz wichtig: Was macht das Leben lebenswert? Was ist denn wirklich wichtig? Was zählt am Ende?

Die Antwort fand ich in der Frage, was mir von meiner Schwester an Gutem in Erinnerung blieb. Mir fiel auf, dass dies die schönen Momente waren, in denen wir zusammen etwas Tolles erlebt hatten. Egal ob es eine Familienfeier war, ein Fernsehabend, ein kühles Bier mit ihr oder zusammen im Garten sitzen und den Sternenhimmel betrachten, gemeinsam verbrachte Urlaubstage.

Mir wurde bewusst, dass so vieles, auf das wir im Alltag Wert legen, und worauf wir gar unser Leben bauen, gar nicht so wichtig ist. Am Ende zählt die gemeinsam erlebte und geteilte Zeit, die wir mit anderen Menschen verbracht haben. Die gemeinsamen, schönen Momente, in denen wir wertschätzend, helfend und gut miteinander umgegangen sind, werden uns bleiben und wichtig sein.

Die Frau Weisheit zumindest scheint ihren Stil gefunden zu haben. Es scheint eine vornehme und vermögende Dame zu sein. Das mag einsam machen, weshalb sie es sich nicht nehmen lässt, Leute zu sich einzuladen und zu verwöhnen. Gemeinsames Essen verbindet und schafft Beziehung.

Was mag die Torheit sein und die Einsicht, zu der wir am Schluss des biblischen Textes gemahnt werden? Torheit sind Gedanken wie: Was denken wohl die anderen über mich? Soll ich etwas Neues wagen oder nicht doch lieber auf dem Alten sitzen bleiben? Wie steht es um meinen Ruf, wenn ich meine Meinung ehrlich kund tue? Aber auch so vieles, worum ich mich im alltäglichen Leben abmühe und abkämpfe, wird am Ende in Vergessenheit geraten und unbedeutend erscheinen: Beruflicher Erfolg, Titel und Anerkennung, Geld, Besitz und persönliche Macht und Anerkennung haben am Lebensende wenig Bedeutung.

Es mag ja sein, dass mir einiges davon in gewissen Lebensabschnitten wichtig ist. Allerdings möchte ich mir stets das Bewusstsein bewahren, dass all dies sehr relativ ist. Nie möchte ich den Blick für das Wesentliche verlieren. Wir sind also tatsächlich gut beraten, uns zu überlegen, was uns wirklich wichtig ist, um es dann bewusst zu leben. Den Weg der Einsicht gehen, hiesse demnach, das Leben mit anderen Menschen bewusst zu gestalten und zu teilen. Es heisst, meine persönliche Antwort zu finden, was mir im Leben wichtig ist, worauf es in meinen Augen ankommt. In Einsicht zu leben bedeutet, das eigene Leben nach diesen Massstäben zu gestalten. Leben heisst, in Beziehung sein!

Mathias Jäggi, Theologe und Sozialarbeiter in der Pfarrei Heilig Kreuz Binningen-Bottmingen und Berufsschullehrer und Fachhochschuldozent