Darstellung der im Lukasevangelium geschilderten Auferweckung des Jünglings von Naïn in der Kathedrale Mariä Verkündigung der melkitischen griechisch-katholischen Kirche in Jerusalem. | © Yoav Dothan/wikimedia
Darstellung der im Lukasevangelium geschilderten Auferweckung des Jünglings von Naïn in der Kathedrale Mariä Verkündigung der melkitischen griechisch-katholischen Kirche in Jerusalem. | © Yoav Dothan/wikimedia
15.08.2019 – Impuls

Lukas 7,11–15

Und es geschah danach, dass Jesus in eine Stadt namens Naïn kam; seine Jünger und ­eine grosse Volksmenge folgten ihm. Als er in die Nähe des Stadttors kam, siehe, da trug man einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe.  Und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie. Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! Und er trat heran und berührte die Bahre. Die Träger blieben stehen und er sagte: Jüngling, ich sage dir: Steh auf! Da setzte sich der Tote auf und begann zu sprechen und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück.

Einheitsübersetzung 2016

 

Schmerz und Liebe der Mütter

Wenn ich an die heilige Monika denke, dann kommen mir die vielen Mütter und Grossmütter in den Sinn, die mir schon sorgenvoll von ihren Kindern oder Enkeln erzählt haben: Kinder, die nicht getauft sind; Kinder, die früher mit Begeisterung bei den Familiengottesdiensten dabei waren oder vielleicht sogar bei den Ministranten mitgemacht haben, um sich dann irgendwann als Jugendliche von der Kirche zu verabschieden; Kinder, die Wege einschlagen, welche Mütter oder Grossmütter nicht nachvollziehen können.

Auch die heilige Monika litt jahrzehntelang darunter, dass ihr Sohn sich nichts aus dem christlichen Glauben machte, ja, dass er zwar sehr erfolgreich war, aber in ihren Augen ein liederliches Leben führte.

Man könnte in Monika einfach eine Frau sehen, die Mühe hatte, ihren Sohn loszulassen. Eine Frau, die sich dauernd eingemischt hat – und das auch noch unter dem Deckmäntelchen der Frömmigkeit. Doch das würde ihr wohl kaum gerecht.

Ein grosses Anliegen war ihr, dass Augustinus nicht nur klug und erfolgreich lebte, sondern dass sein Leben einen tieferen, tragenden Grund bekam – und dies hat sie ihm ein Leben lang vorgelebt. Eine Ermutigung für uns, tagtäglich unseren Glauben zu leben und durch unser Leben zu zeigen, was uns trägt, was uns Halt und Sinn gibt. Dies wird bestimmt auch unsere Kinder und Jugendlichen prägen oder ins Fragen bringen. Wann und wie wissen wir nicht – aber wir können den Samen dazu streuen. Wahrscheinlich werden sie dann ihren Glauben anders leben oder andere Ausdrucksformen haben als wir heute – aber das scheint mir ein ganz normaler Prozess. Auch wir praktizieren unseren Glauben heute anders als es unsere Eltern getan haben.

Eine weitere Stärke dieser Frau war, dass sie mit ihrem Sohn in Beziehung geblieben ist – obwohl sie oft mit seinem Tun und seinem Lebenswandel nicht einverstanden war, obwohl es zu Streit kam, obwohl sich Augustinus ihr oft auch entzog, und trotz aller Tränen und allem Herzensleid. Sie hatte die Kraft, die Beziehung aufrechtzuerhalten. Da, wo heute Beziehungen zu Bruch gehen – besonders auch zwischen Eltern und Kindern –, weil sie sich die gegenseitigen Erwartungen nicht erfüllen können oder wollen, da kann uns die Geschichte der heiligen Monika vielleicht Mut machen, dranzubleiben.

Auch wenn sie sich aus unserer heutigen Sicht vielleicht etwas zu viel in das Leben ihres Sohnes einmischte, so ist es ihr dennoch gelungen, die eigenen Wünsche und Erwartungen nicht einfach mit Gottes Willen zu verwechseln, sondern offen zu sein für den Heiligen Geist.

Und schliesslich hat sie an die Macht des Gebetes geglaubt. Gebet für andere kann Wunder wirken – das ist die Botschaft, die sie uns vermittelt. Ähnlich wie bei der Witwe im obenstehenden Evangelium, so hat Gott wohl auch die Tränen der heiligen Monika gesehen und ihre Gebete erhört. Durch ihr Vertrauen in das Gebet und in die Möglichkeiten Gottes ist sie zur Patronin aller Mütter geworden, die an der Sorge um ihre Kinder oft fast verzweifeln.

Nadia Miriam Keller, Theologin, ursprünglich Pflegefachfrau, arbeitet in der Pfarrei St. Odilia, Arlesheim