«Gleichberechtigung. Punkt. Amen.»: Die Forderung der Kirchenfrauen am Frauenstreik (Theaterplatz Basel, 14. Juni 2019). | © Christian von Arx
«Gleichberechtigung. Punkt. Amen.»: Die Forderung der Kirchenfrauen am Frauenstreik (Theaterplatz Basel, 14. Juni 2019). | © Christian von Arx
25.06.2020 – Aktuell

Oben Beton – unten neuer Schwung

Frauenstimmen ein Jahr nach dem Frauenkirchenstreik

Vor einem Jahr gingen Frauen für Gleichberechtigung in der Kirche auf die Strasse. In der Amtskirche hat sich seither nichts getan. Kein Grund zur Frustration, sagen drei Kirchenfrauen.

 

Von einem «Meilenstein in der Kirchengeschichte» spricht Simone Curau-Aepli, Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds, auch heute noch, wenn sie auf den Frauenkirchenstreik vom 14. Juni zurückblickt. «Es war ein Moment, in dem viele sagten: ‹Jetzt muss es sein. Wir geben dieser Veränderung nochmals eine Chance›.»

Von einem «Kristallisationspunkt» spricht auch Susanne Andrea Birke, bei der Fachstelle Bildung und Propstei der Römisch-Katholischen Kirche im Aargau für den Bereich Frauen* und Gender verantwortlich. Regula Grünenfelder von der Frauenkirche Zentralschweiz spricht von einer «Unterbrechung der Resignation».

 

Schon das Aussprechen kann ermutigen

Dass sich in der Amtskirche in Sachen Gleichberechtigung seither nichts getan hat, geben alle ohne Umschweife zu. «Doch die Basisorganisationen haben durch den Frauenkirchenstreik neuen Schwung erhalten», sagt Birke gegenüber kath.ch. Sie erwähnt die Kampagne «Maria von Magdala», die Gottesdienste vor der Kirchentür feiert, die Junia- Initiative, bei der sich Frauen zur «sakramentalen Sendung» bereit erklären.

Grünenfelder erwähnt auf internationaler Ebene die Konferenz «Voices of faith», die sich im Vorfeld der Amazonien-Synode für das Stimmrecht der Ordensfrauen stark machte, die Verbindung zur deutschen Initiative Maria 2.0, das internationale Netzwerk Catholic Women’s Council, zu dem auch die erwähnten Schweizer Initiativen gehören. Es sei wichtig, «miteinander in diesem Prozess der Veränderung zu sein», so Grünenfelder, «es braucht möglichst verschiedene Player, die sich am Anliegen der Gleichberechtigung beteiligen.»

Und selbst in der Amtskirche orten die Befragten Bewegung: «Es wird offener über die Frauenfrage geredet», sagt Grünenfelder, «auch von Bischöfen.» Curau-Aepli erwähnt den deutschen Kardinal Reinhard Marx, der sich dezidiert für die Dringlichkeit der Frauenfrage ausspreche. Solche Bischöfe stünden in einer grossen Spannung, weil sie einerseits dem System verpflichtet seien, andererseits grundlegende Änderungen wünschten, die nicht in ihrer Macht stünden.

Dennoch hofft sie, dass die Vertreter der Amtskirche noch mutiger werden, «dass einer hinsteht und beispielsweise sagt: Ja, ich habe ein homosexuelles Paar getraut.» Denn schon das Aussprechen sei Teil einer Veränderung, es könne andere inspirieren und ermutigen. Deshalb wünscht sie sich «eine #MeToo-Bewegung in der Amtskirche.»

 

Spannung gehört zur katholischen Kirche

Von Frustration ist in den Gesprächen nichts zu spüren. «Die Spannung zwischen der Kurie als Betonblock und einer Basis, an der sehr vieles möglich ist, gehört zur katholischen Kirche», sagt Birke. Es ist denn auch die Basis, die sie bleiben lässt. Grünenfelder sieht den gesellschaftlichen Hunger nach Sinnfragen. «Dieser Hunger soll mit etwas Nährendem gestillt werden, dafür stehen wir ein», sagt Grünenfelder.

Sylvia Stam, kath.ch