Norbert und Virginie Baudois am Tag vor der Heiligsprechung von Marguerite Bays vor dem Petersdom. | © Bernard Hallet
Norbert und Virginie Baudois am Tag vor der Heiligsprechung von Marguerite Bays vor dem Petersdom. | © Bernard Hallet
13.10.2019 – Aktuell

Seine Anrufung von Marguerite rettete das Leben seiner Enkelin

Norbert und Virginie Baudois aus Siviriez FR erlebten die wunderbare Hilfe von Marguerite Bays

«Nachdem ich meine 22 Monate alte Enkelin Virginie unter den Traktor laufen sah, hatte ich keine grossen Hoffnungen mehr.» Am 12. Oktober, dem Samstag vor der Heiligsprechung von Marguerite Bays, erinnert sich der 87-jährige Norbert Baudois auf dem Petersplatz in Rom emotional an den 6. März 1998, als die Anrufung von Marguerite Bays das Mädchen vor dem sicheren Tod rettete.

Der Grossvater und seine Enkelin ebneten dem Wunder den Weg, das zur Heiligsprechung der Näherin von La Pierraz führte. Für Norbert Baudois aus der Freiburger Gemeinde Siviriez bei Romont ist diese Heiligsprechung ein grosser Tag: «Es ist ein Höhepunkt. Marguerite hätte es schon vor langer Zeit verdient.» Baudois war bereits 1994 bei der Seligsprechung Bays anwesend gewesen.

Der alte Mann mit der Baskenmütze auf dem Kopf, der sich auf den Stock lehnt, wirkt etwas müde. Für ihn steht fest: «Es ist Marguerite, die in die Herrlichkeit getragen wird, nicht wir.» Virginie sagt dazu: «Ich bin ein Mädchen wie jedes andere. Dieses Ereignis ist Teil meines Lebens, aber es ist kein Titel oder ein Privileg.» Sie sei ein normaler Mensch. Was anders sei, sei ihre Verbindung mit Marguerite Bays. «Und vielleicht mein Glaube», fügt die 23-jährige Freiburgerin an.

Das gemeinsame Erlebnis berührt

Auch wenn sie keine eigene Erinnerung an das Ereignis hat, ist Virginie sehr gerührt, die Heiligsprechung mit ihrem Grossvater erleben zu können. Sie hält ihn zärtlich an der Hand. «Ich hätte nicht gedacht, dass er das noch erleben könnte», bemerkt die junge Frau mit den langen blonden Haaren. «Marguerite ist eine Vertraute, eine Verbündete, eine Schwester im Herzen. Ich rede jeden Tag mit ihr. In ihrem Zimmer in La Pierraz oder in der Kapelle Notre-Dame du Bois spüre ich wirklich ihre Anwesenheit.» La Pierraz, wo Marguerite Bays von 1815 bis 1879 lebte, ist ein Weiler in der ehemaligen Gemeinde Chavannes-les-Forts, die 2004 mit Siviriez fusionierte.

Auch Norbert dankt Marguerite weiterhin jeden Tag: «Ich war verantwortlich, ich war der einzige Erwachsene mit den beiden Kindern. Nach dem Unfall weinte ich mir, trotz des glücklichen Ausgangs, zwei Tage lang die Augen aus.» Jetzt geht er mindestens einmal pro Woche nach La Pierraz, um zu Marguerite zu beten und ihr Blumen aus dem Garten zu bringen.

Auch etwas Schwermut

Seine Freude, mit der ganzen Familie in Rom zu sein, wird ein wenig durch die Abwesenheit seiner Frau getrübt. Sie ist in einem Heim untergebracht und kann sich nicht mehr bewegen. «Wir haben zusammen viele  Pilgerreisen gemacht. Wenn ich zu Marguerite gehe, vertraue ich meine Frau ihrem Gebet an.»

Der Grossvater trägt eine kleine Schachtel mit einer Reliquie von Marguerite in der Tasche. «Ich werde Papst Franziskus bitten, sie zu segnen.» –  Und was wird die Enkelin zu Papst Franziskus sagen? «Ich weiss es noch nicht», gibt Virginie zu, «und das belastet mich ein wenig.»

Eine «Heilige von zu Hause»

Norbert Baudois, der sich 1951 in Siviriez niedergelassen hatte, erlebte die grandiosen Zeremonien von 1953 aus Anlass der Exhumierung von Marguerite Bays. Zehntausende Gläubige waren damals mit Sonderzügen in das Dorf im Kanton Freiburg gekommen. Eine grosse Prozession mit der Musik, Pfarreigruppen und allen Geistlichen der Region war durch das Dorf gezogen.

Heute ist die Besucherzahl viel geringer. Nur fünf oder sechs Gläubige versammeln sich jeweils zum Rosenkranz in Marguerites Haus, bedauert Norbert. Früher drängten sich die Leute im Flur oder sassen sogar draussen. «Die Leute hatten Glauben!»

Norbert und Virginie sind nach Rom gekommen, um bei der Heiligsprechung am Sonntag, 13. Oktober, auf dem Platz vor dem Petersdom Zeugen dieses Glaubens sein. Einen Glauben auch an eine «Heilige von zu Hause».

Maurice Page und Bernard Hallet, kath.ch