03.09.2020 – Editorial

Modern bauen

Als ich in den 1960er-Jahren in Allschwil aufwuchs, befand sich hinter dem Haus im Dorfzentrum eine Wiese. Heute dient die nach einer Erweiterung des Gebäudes geschrumpfte Freifläche als Parkplatz. Und auch die Obstgärten weiter hinten gibt es nur noch auf den Fotos, die meine Kindheit dokumentieren. Als ich in den späten 1980er-Jahren innerhalb Allschwils zügelte, weideten unweit unseres neuen Domizils im bereits damals dicht bebauten Neuallschwil Schafe. Es ging nicht lange, und Bauprofile kündigten das Ende dieses Idylls an.

Wie viele andere Gemeinden nahe der Stadt Basel war Allschwil vom Dorf zur Kleinstadt gewachsen. Im «Wettrennen» mit Reinach entwickelte sich Allschwil zur einwohnerstärksten Gemeinde des Baselbiets und überflügelt mit seinen rund 21 000 Einwohnern manchen Kantonshauptort. Und dennoch halten manche Allschwilerinnen und Allschwiler an der Vorstellung fest, in einem Dorf zu leben.

Wer an der Haltestelle «Allschwil Dorf» aus dem Bus respektive Tram steigt und im Dorfkern herumspaziert, kann dies gut nachvollziehen. Hier ist Allschwil wirklich noch Dorf, auch wenn die Bauernhöfe alle längst ausgesiedelt worden sind. Ein sorgfältig renoviertes Riegelhaus steht neben dem anderen, man könnte meinen, die Zeit sei im «Früher» stillgestanden. Kein Eindruck ist falscher als dieser: Gerade einem wechselnden Verhältnis zum baulichen Erbe ist es zu verdanken, dass die einstigen Bauernhäuser heute überhaupt noch stehen und auch ihre Bauweise noch erkennbar ist. Eine Zeitlang galten sichtbare Riegel als altmodisch und verschwanden unter Verputz.

Modern ist also ein relativer Begriff. Dies illustriert auch die römisch-katholische Kirche St. Peter und Paul. Als massiver Betonquader wirkt der 1967 eingeweihte Kirchenbau auch ein halbes Jahrhundert später modern, knüpft aber mit dem quadratischen Grundriss und dem freistehenden Glockenturm, einem sogenannten Campanile, an weit zurückliegende Traditionen an.

«Der quadratische Raum gehört zu den urtümlichen Formen der Kulträume. Er verstärkt das Bewusstsein der Gemeinschaft, Vereinigung und Einheit», heisst es dazu im Bauinventar Kanton Basel-Landschaft. Wer mehr dazu erfahren möchte, dem seien die Führungen im Rahmen der Denkmaltage am Wochenende vom 12./13. September ans Herz gelegt.

Regula Vogt-Kohler