Gottesdienstübertragungen (im Bild Silvestergottesdienst im Basler Münster anlässlich des Taizé- Jugendtreffens) gehören zum Angebot von SRF. (Foto: Screenshot srf.ch)
Gottesdienstübertragungen (im Bild Silvestergottesdienst im Basler Münster anlässlich des Taizé- Jugendtreffens) gehören zum Angebot von SRF. (Foto: Screenshot srf.ch)
20.01.2018 – Hintergrund

Kirchliche Akteure warnen vor der No-Billag-Initiative

Ein Ja zu No Billag würde die Präsenz der Kirchen in Radio und Fernsehen gefährden

Am 4. März stimmt die Schweiz über die No-Billag-Initiative ab. Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) warnen vor einer Annahme des Volksbegehrens. Sie argumentieren einerseits mit dem Minderheitenschutz, andererseits stehen die Religionssendungen von Schweizer Radio und Fernsehen SRF auf dem Spiel.

Die Bischöfe erachten es als «wichtig, dass weiterhin ein öffentlicher Diskurs möglich bleibt, in welchem verschiedene Meinungen – auch von Minderheiten – ihren Platz haben.» Sie befürchten, dass die öffentliche Meinungsbildung noch stärker von ausländischen oder finanzstarken Medienhäusern abhängig wird. Dies könne vor allem in der französischen und italienischen Schweiz zu einer Schwächung der schweizerischen Identität führen. Die SBK sieht daher den nationalen Zusammenhalt in Gefahr, bestehende gesellschaftliche Risse könnten sich vergrös­sern.

Commitment für den Zusammenhalt

Auch Luc Humbel, Präsident der RKZ, argumentiert damit, dass bei einer Annahme der Initiative der für die Schweiz wichtige Solidaritätsgedanke weiter aufgeweicht werden könnte, wie er gegenüber kath.ch sagte. Er denkt dabei an den Umgang des Staates mit Randregionen, mit verschiedenen Sprachen oder mit Minderheiten. Gerade deshalb sei es «zwingend, dass sich auch die Kirchen in diese politische Debatte einmischen und damit ein Commitment für den Zusammenhalt der Gesellschaft abgeben.» Die RKZ erwähnt in ihrer Mitteilung auch den Beitrag der SRG zur Bildung, zur kulturellen Entfaltung und zur freien Meinungsäusserung.

Auch der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) lehnt die No-Billag-Initiative ab. «Eine demokratische Schweiz braucht öffentlich-rechtliche Medien mit einer ausgewogenen Berichterstattung und mit der Stimme der Minderheiten und der Schwachen», heisst es in einer Medienmittteilung. Der Kirchenbund wehre sich gegen alle Vorstösse, die Minderheiten und Schwachen das Wort abschneiden wollen. Würden Radio und Fernsehen allein dem Spiel der Marktkräfte überlassen und nicht mehr solidarisch von der gesamten Bevölkerung getragen, verschwänden diese Stimmen aus der Öffentlichkeit, gibt der SEK zu bedenken.

Bei Ja verliert Kirche wichtige Kanzel

Die Kirche hat allerdings auch ein eigenes Interesse am Erhalt des Service public, geht es doch auch um die Präsenz von Kirche und Religion in den Medien. SEK-Präsident Gottfried Locher hält dazu fest, dass kirchliche Sendungen in Radio und Fernsehen christliche Werte transportieren würden. «Wird die No-Billag-Initiative angenommen, verliert die Kirche eine wichtige Kanzel.» Schweizer Radio und Fernsehen SRF überträgt einerseits Gottesdienste und Predigten. Gemäss einem Factsheet von SRF können dadurch viele Menschen den Kontakt zu ihrer Religionsgemeinschaft aufrechterhalten. Mediale Verkündigung findet ausserdem wöchentlich im «Wort aus der Bibel» (Radio) und im «Wort zum Sonntag» (Fernsehen) statt. Darüber hinaus werden in Sendungen wie «Perspektiven» und «Blickpunkt Religion» (Radio) in der «Sternstunde Religion» (Fernsehen) und anderen Gefässen religiöse Themen journalistisch aufbereitet und kritisch betrachtet. «No Billag gleich No SRG und No SRF», lautet das Fazit von Judith Hardegger, Redaktionsleiterin der Sternstunden Religion bei SRF, zur Initiative. «Es würden keine SRF-Sendungen mehr existieren und damit auch keine der Religionssendungen.»

Kaum zu finanzieren

«Es bräuchte ganz andere finanzielle Wege, um diese Präsenz der Kirchen in Radio und Fernsehen zu gewährleisten», findet auch Daniel Kosch, Generalsekretär der RKZ. Wer aber würde diese finanziellen Mittel zur Verfügung stellen? Was wären die Inhalte dieser Sendungen und welche Qualität hätten sie? Diese Fragen blieben bei einer Annahme der Initiative unbeantwortet. Denn «ob private Anbieter in die Bresche springen würden, wage ich zu bezweifeln», sagt auch Hardeg­ger, zumal sich Religionssendungen kaum über Werbung finanzieren liessen.

Sylvia Stam, kath.ch; kh

No Billag: Die Argumente der Initianten

Die Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» will Artikel 93 der Bundesverfassung ändern: Radio- und Fernsehveranstalter, welche heute mit einer Konzession versehen sind und über Gebühren finanziert werden, sollen künftig keine Empfangsgebühren mehr erhalten. Ausserdem sollen weitere direkte Subventionszahlungen an Radio- und Fernsehveranstalter unterbleiben.

Die Initianten wehren sich gegen den Gebührenzwang und argumentieren mit der Entscheidungsfreiheit der Konsumenten. Eine Abschaffung der Gebühren würde den freien Wettbewerb fördern, was eine grössere Medienvielfalt zur Folge hätte. Die Loslösung der Medien vom Staat ermögliche erst eine wirkliche Medienfreiheit. Eine Annahme der Initiative würde laut den Initianten die SRG nicht abschaffen. Diese müsste sich lediglich selber finanzieren.

sys, kath.ch