Protest von Kirchenfrauen hat viele Formen: Am Frauenaktionstag vom 14. Juni 2011 war in Basel diese Gruppe mit der Forderung nach dem Diakonat der Frau unterwegs zur Pfalz. | © Esther Suter/Archiv kh
Protest von Kirchenfrauen hat viele Formen: Am Frauenaktionstag vom 14. Juni 2011 war in Basel diese Gruppe mit der Forderung nach dem Diakonat der Frau unterwegs zur Pfalz. | © Esther Suter/Archiv kh
26.11.2018 – Aktuell

«Kirchenleitung soll den Ernst der Stunde realisieren»

Der Austritt von sechs bekannten Katholikinnen traf bei vielen einen Nerv

Bedauern, Verständnis, Kritik und Hohn: Der als Protest gegen systematische Frauenfeindlichkeit verstandene Kirchenaustritt von sechs bekannten Katholikinnen hat höchst unterschiedliche Reaktionen ausgelöst.

 

Die sechs Austretenden – Anne-Marie Holenstein, Doris Strahm, Regula Strobel, Cécile Bühlmann, Monika Stocker und Ruth-Gaby Vermot – sind zwischen 62 und 80 Jahre alt und seit Jahrzehnten in verschiedenen Kantonen aktiv: Etwa als Direktorin des Fastenopfers, Mitgründerinnen der feministisch-theologischen Zeitschrift «FAMA» oder als Nationalrätinnen. In ihrer Medienmitteilung vom 19. November schrieben sie, sie wollten «den römisch-katholischen Machtapparat mit seiner patriarchalen Theologie» nicht länger stützen – auch wenn sie in ihren Ortsgemeinden eine «andere Kirche» erlebten. Unmittelbarer Anlass für den Austritt war die Äusserung von Papst Franziskus, Abtreibung sei wie ein Auftragsmord.

Der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) bedauerte den Austritt, zeigte aber auch grosses Verständnis. Auch der SKF fordere Veränderungen, die dem Ausschluss von Frauen aus Entscheidungsgremien und Weiheämtern ein Ende setzten. Aber: «Wir fordern Frauen und Männer dazu auf, die katholische Kirche nicht den Ewiggestrigen zu überlassen und weiterhin alle Gelegenheiten zu nutzen, die Kirche hartnäckig und entschlossen von innen heraus zu verändern.»

Die Synodalratspräsidentin der Katholischen Kirche im Kanton Zürich, Franziska Driessen-Reding, zeigte sich in einem offenen Brief «betroffen und traurig», aber auch kritisch: Der Austritt schade nicht dem Machtapparat, sondern den kantonalkirchlichen Strukturen, «welche ja gerade ein gewisses Korrektiv zum Klerikalismus sind und Orte der Partizipation aller darstellen». Die Kantonalkirchen ermöglichten jene «andere Kirche vor Ort». Die Zürcher Synodalratspräsidentin wünscht sich, dass «die Kirchenleitung endlich den Ernst der Stunde realisiert» und so handle, dass die Austretenden zurückkommen könnten.

Regula Grünenfelder, Leiterin der Fachstelle Feministische Theologie in Luzern, sprach sich gegenüber dem katholischen Medienzentrum kath.ch für einen anderen Weg aus: Sie rief alle Frauen in der Kirche wie auch die Ausgetretenen auf, den nationalen Frauenstreik vom 14. Juni 2019 «für einen wirkungsvollen Kirchenstreik auf das Wochenende 15./16. Juni auszudehnen». Die Theologin und Buchautorin Jacqueline Keune attestierte den sechs Ausgetretenen, sie seien jahrzehntelang mit einer Institution solidarisch gewesen, «die mit ihnen nie solidarisch gewesen ist».

Der Kirchenaustritt der sechs Frauen war in verschiedenen Medien Thema. Auf der Facebook-Seite von kath.ch wurde er lebhaft kommentiert: Von «Da hat die katholische Kirche nicht viel verloren, sollen sie ihre eigene Kirche gründen» bis «Um in einer Gesellschaft etwas verändern zu können, muss man Teil dieser Gesellschaft sein».

Christian von Arx